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Thema: Endlich ist das Ding gepackt! Nach 35 Jahren nochmal ein Solo mit Rucksack

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
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    In Mali vielleicht??

  2. #2
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    Hallo,

    ein originelles Bild, das hängt vor einer urigen Kneipe östlich von Lentas namens Ostria, sehr lustiger Typ dort als "Wirt", der Che Guevaa-Fan ist.. :-)

    Grüße Chris

  3. #3
    Dionysios Gast

  4. #4
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    Richtig, Dionysios und Mavros Lagos!
    Ich finde das Schild auch ziemlich witzig. Und Babis, der "Wirt", ist zwar etwas schwer zu nehmen, da man nie weiß, wie er gerade reagiert, d.h., was man sagt oder macht ist meistens verkehrt, aber er ist bestimmt herzensgut und einer der wenigen "Unverbogenen".

    Auch Danke für den TAZ-Artikel, den ich noch nicht kannte.

  5. #5
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    3. Tag in Ligaría und Agia Pelagía

    Heute morgen trinke ich erst mal einen starken Kaffee auf dem Zimmer und gehe am späteren Vormittag nochmal an die Promenade, um vielleicht doch noch ein Frühstücksei, in welcher Zubereitungsform auch immer, zu ergattern. Ich versuche es in einer Snack-Bar, die einen großen Garten mit Tischen und Stühlen hat und im hinteren Bereich einen Pavillon, in dem alles zubereitet wird. Wegen der umlaufenden Theke mit den Barhockern sieht es so aus, dass er abends als Cocktail-Bar dient.
    Es sitzen einige Frühstücksgäste hier und ein älterer Grieche ist an dem Morgen alleine für die gesamte Bewirtung zuständig. Vom Pavillon zu den einzelnen Tischen sind recht lange Wege zu laufen und er scheint etwas gestresst zu sein. Deshalb warte ich auch lange auf seine Bedienung, was mich allerdings nicht stört. Denn wenn ich jetzt Eines habe, dann ist das Zeit.
    Ich schaue mir die kleine Snack-Karte an und bestelle später ein Sandwich mit Schinken und Käse und einen Nescafe. Leider gibt’s weder Omelett noch Spiegelei noch Kochei.

    Später gehe ich wieder in meine Strandecke, wo ich den Tag eigentlich wieder genauso verbringe wie am Vortag. Einziger Unterschied: Ich mache mich zwischendurch zu einem kleinen Spaziergang um die östliche Felszunge auf, da ich grundsätzlich immer den starken Drang habe, wissen zu müssen, was sich hinter der nächsten Ecke verbirgt. Meistens kommt dann aber wieder ein Felsen-Vorsprung und hinter dem nächsten dann noch einer und so fort. Ich begnüge mich heute mit einem.
    Es würde mich ja schon reizen, mal eine reine Küstenwanderung rund um die Insel Kreta zu machen, aber da kommt man mit 2-3 Monaten Zeit bestimmt nicht hin.

    Der Weg vom Strand um den Felszipfel herum scheint neu angelegt worden zu sein, in Natursteinpflaster und mit mehr oder weniger schönen, auf Antik gemachten Laternen, wie man sie in den letzten Jahren immer öfter hier sieht. Auf der Landspitze steht eine Sitzbank, die nach Westen ausgerichtet ist, um sich abends den Sonnenuntergang reinziehen zu können. Etwas weiter um die Ecke bilden große, flache und naturgewachsene Felsplatten kleine Plateaus, auf denen man sich abseits des Rummels schön entspannen kann. Ein idealer Platz für frisch (und weniger frisch) verliebte und sonstige Romantiker. Allerdings ist das Baden in der kleinen, anschließenden Felseinbuchtung nicht zu empfehlen, da sie zu meinem Erschrecken voller ekliger Abwässer und Unrat ist. Vielleicht vom „Athina Palace“ und sonstigen Hotels, die irgendwo oberhalb liegen müssen?? Es wundert mich, dass am nur wenige Meter entfernten Strand von Ligaría von dem Dreck überhaupt nichts zu sehen ist.

    Am späteren Nachmittag mach ich mich nach kleiner Stärkung auf meinem Zimmer in Richtung Agia Pelagía auf. Ziehe wieder die festen, mittlerweile ausgedünsteten Schuhe an, und packe das Nötigste in mein Daypack. Da ich in jedem Fall in die Dunkelheit kommen werde, ist meine Mini-Maglite das wichtigste Utensil. Der grob betonierte Weg über die Felszunge nach AP ist anfangs lang und sehr steil, was mich wieder in meiner Entscheidung bestätigt, hier bei meiner Ankunft nicht noch mit voller Ausrüstung rübergegangen zu sein. Ich wäre wohl an meine Leistungsgrenze gestoßen. Nach 200-300 Metern oben angekommen, geht’s nur noch die befestigte Straße bergab und man kann die Bucht von AP schön überblicken. Sie ist größer als Ligaría aber landschaftlich auch sehr schön in die Felsenlandschaft eingebettet.
    Unten in AP angekommen gehe ich die ca. 2 Meter breite Strandpromende mit den vielen, ein paar Stufen höher gelegenen Tavernen entlang. Der (Fein-) Kiesstrand ist sehr schmal, nur wenige Meter breit, und gleichmäßig dicht mit Sonnenschirmen und Liegen bestückt. Um diese Zeit ist nicht mehr allzu viel los am Strand, aber ich denke, dass er tagsüber ziemlich überfüllt sein muss. Ich hatte eigentlich keine klare Vorstellung vom Ort Agia Pelagía, wußte nur, dass es ein schon lange bekanntes Pauschal-Touristenziel ist und erwartete jetzt einige Hotelburgen in Strandnähe. Dem ist nicht so, es gibt jedoch einige Nobel-Resorts und All Inclusive Hotels, die sich ganze Landstriche in der Umgebung zu eigen gemacht haben. Hierzu später mehr.
    Die „ Fress-und Vergnügungsmeile“ an der Promenade gibt zu meiner Überraschung auch ein recht angenehmes und buntes Bild ab, da jedes Lokal in einem unterschiedlichen und geschmackvollen Stil gestaltet ist. Also durchaus einladend.
    Zum Abendessen ist es für mich aber noch zu früh und ich gehe fast bis zum Ende der Promenade, wo der Strand endet und die Promenade entlang des Wassers bis zur nächsten Felszunge reicht. Ich frage einen Angler, der auf der Ufermauer sein Glück versucht, ob ich um die Felsenspitze herum zu den nächsten Buchten spazieren könne. Im „Fohrer“ hatte ich gelesen, dass es Richtung Westen noch weitere kleine Buchten mit schönen Tavernen gibt. Ich hatte mir „Mononáftis“ zum Ziel gesetzt. Dort will ich dann auch was essen und dann langsam wieder zurückgehen. Aber die Küste entlang: Ochi! No chance! Er beschreibt mir den Weg nach Mononáftis, der am westlichen Ortsende hinauf über den Landzipfel führt. Er nennt mehrmals das Wort „Capsis“, was man wohl zu kennen hat, mir aber überhaupt nichts sagt. Entfernung ca. 25-30 Minuten. Ich kann eigentlich nicht glauben, dass es keinen tausende Jahre alten Trampelpfad an der Küste entlang geben soll. Aus irgendeinem Grund muss hier wohl Sperrgebiet sein. Ich gehe zurück in die Hauptstraße, die vom Ort zum Strand führt und sehe nach 30 m linker Hand ein typisch schlicht gehaltenes Kafeneíon mit kleiner Veranda, auf der einige ältere Eingeborene Ihren Ellinikó trinken, und ein Mann mit etwas längeren glatten Haaren kommt mir irgendwie bekannt vor. Sieht aus wie der Regisseur Roman Polanski. Sicherheitshalber frage ich ihn auch nochmal nach dem Weg nach Mononáftis. Er gibt mir zunächst freundlich auf Griechisch Auskunft und fragt dann sofort, ob ich Deutscher sei und von wo. Als ich Aachen sage, entgegnet er mir in fließendem Deutsch, dass er 10 Jahre in Aachen und Würselen gearbeitet hätte und ob es die und die und die Kneipe noch gäbe. Im Nachhinein weiß ich nicht, ob mir der Typ nun tatsächlich vielleicht aus irgendeiner Kneipe in Aachen bekannt vorkam oder nur aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem Regisseur. Egal, ich folge seiner Wegbeschreibung und gehe bei Anbruch der Dämmerung in Richtung Westen, erstmal rechts an einer langen Mauer entlang, die offensichtlich die Grenze zum vorgenannten Sperrgebiet bildet. Links ist die Straße von einigen Souvenirläden gesäumt, und oben auf der Höhe gehe ich an einer noch recht belebten Kreuzung rechts aus dem Hauptort hinaus. Nach ca. 200 Metern geht rechts wieder eine schmale, dunkle Straße leicht abschüssig hinunter. Gegenüber liegt ein Café mit Terrasse, auf der 2 junge Griechen sitzen, die mir freundlich bestätigen, dass dies der Weg nach Mononáftis sei, und dass ich bis zum „Península“ gehe müsse, dort hindurch und dann einige Treppen zur Bucht runter. Ich habe zwar keine Ahnung, was zum Teufel „Península“ ist und wie das Ganze überhaupt aussehen soll, bedanke mich aber und mache mich auf den Weg. Nach 200 Metern sehe ich in der Ferne schon einige Lichter und ich folge der Straße, die am Ende wieder einen guten Anstieg macht. Unterwegs begegnen mir vereinzelt kleine Gruppen, die wohl zum Essen und Abfeiern nach AP-City gehen.
    Noch ist es nicht ganz dunkel und ich kann über eine nur leicht hüglige und relativ grüne Landschaft Richtung landeinwärts schauen, wo ich einige vereinzelte Häuser und auch größere Anlagen erkennen kann. Die Gegend macht einen ganz ansehnlichen Eindruck.

    An den Lichtern angekommen gehe ich eine kleine Ladenstraße entlang und frage hier nochmal eine Frau, die gerade an den Verkaufsständen rumkramt, nach dem Weg nach Mononáftis. Wieder höre ich „Península“ und versuche den Weg, den sie mir beschrieben hat, zu finden. Gehe aber ein Stück zu weit geradeaus und dann links durch einen Torbogen in eine Grünanlage und stehe mitten in einem aufwendig begrünten Bereich mit großem Pool und Restaurant. Ich gehe um den Pool rum und frage einen jungen Angestellten nach dem Weg. Leider kennt sich der junge Mann überhaupt nicht aus, da er wohl gerade erst hier angefangen hat zu arbeiten, und ich gehe wieder ein Stück zurück und wieder rechts ab. Hier lese ich zum ersten mal den Namen „Peninsula“, was ein recht nobles 4 Sterne-Resort/Spa/Hotel ist. Alles ist vom Feinsten gebaut und, soweit ich es in der Dunkelheit erkennen kann, auch recht geschmackvoll mit viel Naturstein. Am Ende des Weges sehe ich an einem kleinen Platz 2 Treppenabgänge und gehe den ersten hinunter. Eingerahmt von ungewöhnlich akkurat gemauerten Natursteinwänden mit regelmäßigen Lichtauslässen führt er sehr verwinkelt und über kleine Zwischen-Terrassen mit einzelnen Apartmenthäuschen steil und tief hinunter in die Bucht. Alles sehr üppig und geschmackvoll begrünt. Mir fällt auf, dass mir die ganze Zeit keine Menschenseele begegnet, und ich mich möglicherweise in einer privaten, für Außenstehende nicht bestimmten „No go area“ befinde. Aber dann hätte es wohl auch abgeriegelt sein müssen.
    Etwas unwohl wird mir bei dem Gedanken an den Rückweg, denn es sind bestimmt hundert Stufen, und das nach dem Essen (und Trinken).

    Unten komme ich direkt auf den Felsenvorsprüngen zur kleinen Bucht Mononáftis aus. Ich gehe über ein kleines Stück Strand in Richtung einiger weniger Tavernen und es kommt mir alles etwas mystisch vor, weil es einfach auch sehr ruhig ist. Diesen Ort hätte ich jetzt auch gerne bei Tageslicht gesehen, aber die dunkle Felsensilhouette, die sich über der Bucht am klaren Nachthimmel abzeichnet, läßt mich vermuten, dass es ein ganz schönes Plätzchen sein muss. Und wegen des in der Ferne glitzernden Meerespiegels sehe ich plötzlich auch noch, dass Vollmond ist. Als bekennender Romantiker werde ich voll und ganz für meine Nachtwanderung belohnt.

    Ich suche mir wieder die Taverne meiner Begierde aus und kehre bei „Taverne Vasilis“ ein. Wie auch in den anderen Restaurants ist hier nichts los. Möglicherweise haben die Geschäfte auch hier unter der Vollversorgung der Touristen in den All Inclusive-Hotels zu leiden, zumindest abends. Ein Tisch ist besetzt. Ich werde freundlich von einem jungen Griechen empfangen, der mir einen Tisch anbietet und mich fragt, wo ich herkomme. Ich antworte ihm auf Griechisch, dass ich gerade von Ligaría aus zufuß käme, was ihn sichtlich erstaunt. Scheinbar kommt es hier nicht mehr so häufig vor, dass jemand längere Strecken ohne mobilen Unterbau zurücklegt (obwohl ich insgesamt vielleicht gerade mal eine gute Stunde unterwegs war). Und Wandern ist bekanntlich eine Erfindung der Touristen – für einen Kreter oder Griechen ist es ungefähr genauso beknackt wie stundenlanges Sonnenbaden.
    Ich erzähle ihm auch von meiner Rucksackreise, was ihn augenscheinlich begeistert. Er sei Student und wolle auf diese Art auch noch viel reisen.
    Er sagt mir, was es heute frisch gekocht gibt und ich bestelle ein Rindfleisch-Stifádo mit Patátes und gegen den Durst erst mal ein Mythos. Als das Essen kommt, bestelle ich mir noch einen halben Liter Weißwein dazu. Das Essen ist gut und zwischendurch wechsle ich einige Worte mit dem Kellner, der mir erzählt, dass sein Opa vor über 30 Jahren die erste Taverne hier in der Bucht eröffnet hätte, und ich stelle mir vor, dass damals mit Rucksack-Touristen u.a. wahrscheinlich eine ähnliche Szenerie geherrscht hat, wie in den kleinen Orten an der Südküste. Der Großvater sitzt in dem durch eine Glaswand abgetrennten Küchenbereich und wir grüßen uns kurz. Nach dem Essen kommt die obligatorische Karafáki Rakí (Jámmas) und zusätzlich zum üppigen Obstnachtisch noch ein leckeres Stückchen Kuchen vom Opa. Ich bleib noch eine Weile sitzen, und esse und trinke genüsslich zuende. Zwischenzeitlich waren noch einige andere Gäste gekommen, so dass es für Vasili doch noch was zu tun gab.
    In der Ferne sehe ich auf dem Meer einige Schiffe in Festbeleuchtung, die wohl ihre Moonlight-Partys machen. Schönes Bild.

    Für das Ganze zahle ich am Ende gerade mal 15 € inkl. Trinkgeld. Ich bleibe noch eine Weile sitzen und frage vor Verabschiedung den Kellner noch, ob ich auf meinem Rückweg unbedingt die Treppen hinaufgehen müßte, oder ob es noch einen anderen Weg gäbe. Und es gibt ihn tatsächlich. Da der Hotelkomplex Richtung Meer in den Hang gebaut worden ist, geht man vom Strand nur einige Stufen hoch und hält sich dann links. Dann kann man küstenseitig einen langgestreckten Weg ohne große Steigung zurückgehen.
    ( Es gab übrigens am Ende der Bucht hinter der Taverna Vasilis noch eine Art Nacht-Club ( Nemo), der allerdings (noch) geschlossen hatte).
    Der Weg an Peninsula vorbei ist großzügig in Naturstein angelegt und die rechts davon liegende, dezent angestrahlte Anlage mit den Apartments und Studios macht einen ziemlich hochwertigen Eindruck. Ich bin zwar kein Freund von All Inclusive Hotels, aber diese Anlage ist zumindest, soweit ich es in der Nacht erkennen kann, relativ stilvoll mit viel Begrünung gestaltet.

    Während ich diesen Bericht schreibe, schaue ich mir im Internet einige Fotos von der Bucht und Ihrer Umgebung an und sehe plötzlich ein komplett anderes Bild von meinem Vollmond-Idyll. „Peninsula“ ist nur im unteren Bereich in Naturstein gehalten, ansonsten ist es ein riesiger, ziemlich hoch gebauter, weißer Komplex aus 250 Apartments mit mehreren Pools und allem drum und dran, der sich die gesamte Landzunge gekrallt hat. Auch die andere Seite der Bucht ist mit Hotels zugebaut und der kleine Strand scheint tagsüber tatsächlich ziemlich überfüllt zu sein, zumindest in der Hauptsaison.
    Aber ich möchte mir kein Urteil über die Hotels und die Art des Urlaubs erlauben. Wem`s gefällt, bitteschön. Es wäre ja auch verdammt langweilig und eintönig, wenn alle dasselbe wollten, und das Gegenteil gäb´s dann auch nicht.
    Im Nachhinein bin ich jedenfalls doch froh, nachts hier gelandet zu sein, und behalte die angenehme Stimmung gerne im Kopf.

    Auf meinem Weg zurück komme ich oberhalb einer weiteren kleinen Bucht namens Psaromoúra vorbei und kann wegen der klaren Vollmondnacht alles recht deutlich erkennen. Ebenfalls Schirme und Liegen in Reih und Glied und eine Strandbar, die noch geöffnet hat und an der noch einige Leute sitzen. Ich überlege kurz, ob ich ihr noch einen Besuch abstatte, lasse es aber, da es mir dann doch zu viel ist, wieder hinab- und hinaufzusteigen.
    Ich gehe durch ein Zauntor über ein großes, freies Feld, welches Bauerwartungsland zu sein scheint, und gelange wieder auf die Straße, über die ich gekommen war. In Agia Pelagia gehe ich die Straße nun auf der rechten Seite in den Hauptort runter und sehe, wie auf der gegenüberliegenden Seite ein großes Stahltor automatisch aufgeht und eine Luxus-Limousine auf das Grundstück fährt. Hinter dem Tor sehe ich den Torwächter, der, piekfein mit gleißend weißem Hemd und schwarzer Hose bekleidet, den Gast empfängt und Zufahrt gewährt. Auf der Mauer, die das Anwesen umschließt, lese ich nun das Wort „Capsis“, was nach späteren Recherchen ein Luxus-Elite-Resort mit integriertem VIP-Bereich ist. Das Ganze erinnert mich bei Dunkelheit spontan an Stuttgart-Stammheim und ich denke, dass ich mich auch bei einem Millionengewinn im Lotto, oder wenn ich sonst irgendwie zu Geld kommen würde, niemals in einem solchen Hochsicherheitstrakt wohlfühlen könnte, vollkommen abgeschottet von der Außenwelt. Aber auch hier soll es von mir aus Leute geben, die das brauchen, weil sie sich von der Außenwelt schon so weit entfernt haben, dass sie sich dort nicht mehr aufhalten können und möglicherweise auch Gefahr für Leib und Leben fürchten müssen.
    Was mich allerdings stört, ist, dass sich diese Resorts ganze Landzungen am Meer unter den Nagel reißen, wo der Normalsterbliche (vor allem der Einheimische) dann noch nicht mal mehr an der Küste entlang gehen kann. Irgendjemand erzählte mir mal, dass es in Griechenland keine Privatstrände gäbe. Aber es ist wohl immer nur eine Frage des Geldes, um die Regel zur Ausnahme zu machen zu können.

    An der Promenade setze ich mich noch in eine geschmackvoll eingerichtete Musik-Bar, wo man draußen unter uralten, dickstämmigen Bäumen sitzt. Es ist ziemlich voll mit jungem Publikum, und ich werde freundlich bedient. Da die Musik hauptsächlich Mainstream und für mein Empfinden viel zu laut ist, mache ich mich nach einem Bier wieder auf in Richtung Ligaría.
    Der Weg zurück über den Berg ist nicht beleuchtet, aber wegen des Vollmonds ist alles gut zu erkennen, und ich kann meine Taschenlampe im Rucksack lassen. In Ligaría komme ich zwangsläufig an meinem Stammlokal vorbei und setze mich hier auch noch ein Weilchen hin. Der Chef sitzt mit Familie und Bekannten an einem großen Tisch, und es sind noch ein paar junge Griechen da. Die junge Kellnerin, die mich bedient, kenne ich noch nicht. Sie erzählt mir, dass sie vom Festland käme und in Heraklion studiere. Ich berichte ihr, wohin ich noch vorhätte zu reisen und nenne ihr einige bekannte Orte, auch an der Südküste. Es stellt sich heraus, dass sie Kreta weniger kennt als ich, da sie bisher kaum rumgekommen ist.

    Auf meinem Weg zurück zum Zimmer sehe ich, dass die Tavernen an der Promenade allesamt schon geschlossen sind und Ligaría schon schläft.
    Ich gehe auch schlafen, denn morgen ist mein Abreisetag und es geht in die Berge nach Anógia. Tagsüber hatte ich meine Zimmerwirtin und auch Anatoli in der Taverne gefragt, wann und wo denn die Busse nach Heraklion abführen. Irgendwie wußte aber keiner richtig Bescheid. Anatoli machte aber zu meiner Freude den Vorschlag, dass er mich morgen Vormittag gegen 11.00 Uhr mit seinem Auto mitnehmen könnte. Er müßte eine Freundin nach Agia Pelagía zum Arzt bringen und er würde mich dann oben an der „New Road“ ( Schnellstraßenverbindung an der Nordküste entlang) rauslassen. Hier wäre eine Bushaltestelle, wo regelmäßig Busse nach Heraklion führen. Für mich natürlich perfekt. Efkaristó! Ta léme ávrio stis éndeka!
    Geändert von belgofritz (26.June.2017 um 16:06 Uhr)

  6. #6
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    gut erzählt,man wandert regelrecht mit

  7. #7
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    Zitat Zitat von belgofritz Beitrag anzeigen

    Ich gehe auch schlafen, denn morgen ist mein Abreisetag und es geht in die Berge nach Anógia.
    Kalispera belgofritz, bin schon gespannt was du über Anógia berichtest.

    vg, kv

  8. #8
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    Am Morgen einen Kaffee und deinen Reisebericht....was will man mehr

    Danke Dir

  9. #9
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    Hallo Herr Nachbar, ich lese auch immer noch mit, obwohl man durch die langen Pausen vergisst, wo Du zuletzt gewesen bist. Aber, das kann man ja nachlesen.

    Zum Glück hast Du wohl ein sehr gutes Gedächtnis, dass Du diese ganzen Kleinigkeiten nach fast einem Jahr noch parat hast. Das könnte ich nicht.

    Ich freue mich schon auf die Sfakia, wo wir auch einige Jahre im Winter untergekommen sind.

    vg krassi

  10. #10
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    In einem kleinen Holzhäuschen vor der Busstation befindet sich die Information und ich frage die Frau, wann und wie ich nach Chóra Sfakíon komme. Sehr freundlich erklärt sie mir, dass ich um 13.00 Uhr den Bus nach Vrísses nehmen und dort umsteigen müsse. Ich kaufe das Ticket und habe noch ca. 1 ½ Stunden Zeit.
    Am Kiosk in der Busstation besorge ich mir erst mal wieder ein Spanakópita, einen Kaffee, eine Cola, ein Wasser und noch 2 Päckchen Karélia-Filter, um meinen Tabakvorrat zu strecken. Ich habe 10 Päckchen Half-Zware-Shag à 50 Gramm (Belgien) für die gesamte Reise dabei, die ich auf die vielen Seitentaschen meines Zenit verteilt habe. Auf meinen letzten 2-4 Wochen-Urlauben auf Kreta hatte ich immer zu wenig mitgenommen und Zigarettentabak ist in Griechenland sehr teuer. Und bei Anderen zu schnorren, ist auch nicht so angenehm, da sie ja das gleiche Problem haben. Dazu kommt, dass es meist nur 20 Gramm-Päckchen zu kaufen gibt und gefühlt mehr Verpackung als Tabak. Die griechischen Zigaretten, wie z.B. Karélia mit oder ohne Filter, kann man durchaus rauchen, aber für jemanden, der quasi von Geburt an Selbstdreher ist, kommt der Genuss nicht an die „Naturware“ ran.

    Ich gehe zunächst mal über die Straße zur Ufermauer, setze mich da drauf und frühstücke mit Blick auf´s Meer und über die Bucht von Réthimnon. Nach einer 1/2 Stunde muss ich raus aus der Sonne und gehe wieder zur überdachten Terrasse an der Busstation. Hier ist Einiges los und ich frage einen Griechen, der an einem 2er Tisch, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, das Geschehen (vor allem die Touristinnen) betrachtet, ob ich mich zu ihm setzen dürfe. Natürlich kein Problem. Nach 5 Minuten kommt ein gebrechlicher, alter Mann mit Gehstock an, und mein Tischnachbar lädt ihn ein, sich zu uns zu setzen. Die beiden kennen sich wohl gut. So langsam geht es auf 13.00 Uhr zu und ich fange an, auf die Lautsprecherdurchsagen zu achten, die, wie immer, ziemlich unverständlich sind. Auf Griechisch und Englisch werden die Ziele und Busnummern durchgesagt. Mein Tischnachbar fragt, wohin ich denn wolle, und als ich „Vrísses“ sage, schaltet sich der alte Mann hilfsbereit ein. Er greift sich das Faltblatt mit den Abfahrtzeiten, welches vor mir auf dem Tisch liegt, und sucht mit fachmännischem Blick nach meiner Busverbindung. Der jüngere Mann weist mich kurz darauf hin, dass sein Bekannter früher Busfahrer gewesen und nun in Rente sei. Wahrscheinlich kann er nicht loslassen und muss täglich an alter Wirkungsstätte vorbeischauen.
    Ich sehe, dass er mit ernster und konzentrierter Miene auf das Faltblatt schaut. Plötzlich fragt er laut in meine Richtung: Plakiás!? Der andere Mann und ich berichtigen ihn und sagen: Ochi! Vrísses!.
    Wieder schaut er professionell auf den Plan. Nach einer Minute ruft er wieder: Plakiás?!
    Der andere Mann und ich schauen uns an und können uns das Lachen wegen der Situationskomik einfach nicht verkneifen. Der gute Mann hat wohl in seinem Busfahrerleben immer die Strecke nach Plakiás bedient und scheint einfach nicht mehr davon loszukommen. So traurig beginnende Demenz auch ist, so kann sie auch so unfreiwillig lustige Situationen erzeugen.
    Dann verabschiede ich mich bei den beiden, weil ich meine, bei den Durchsagen das Wort „Vrísses“ identifiziert zu haben. Ich begebe mich langsam auf den von Bussen und (Rucksack)- Touristen wimmelnden Platz und finde auch meine Busnummer. Ein junges Paar, das auch mit Rucksack unterwegs ist und mir auf der Terrasse schon aufgefallen ist, verstaut gerade sein Gepäck im Laderaum.

    Den beiden begegne ich in den nächsten Tagen öfter, und das junge, blonde Mädchen, maximal 20, wird mich auch ein paar Mal freundlich grüßen, da wir nunmal auf gleichen Pfaden unterwegs sind und dann kann man sich ja ruhig mal grüßen. Ihr Partner, der bestimmt 10-15 Jahre älter ist und der Physiognomie nach schon Einiges hinter sich zu haben scheint, schaut dann jedesmal entweder total unsicher oder grimmig weg. So, als hätte er was zu verbergen. Ich denke nur: Junge, dass deine Braut nur halb so alt ist wie du, ist mir sowas von egal, aber ein bisschen lockerer könntest du schon sein.

    Wir steigen ein und der Bus füllt sich langsam. Über die New Road fahren wir zunächst immer am Meer entlang Richtung Westen. In Giorgióupolis, was wir uns vor 2 Jahren auf der Fahrt vom Flughafen Chaniá nach Lentas schonmal angeschaut hatten und ein ganz netter Ort zu sein scheint, geht es über einen Abzweig nach Vrísses. Es liegt ungefähr auf halber Strecke zwischen Réthimnon und Chaniá wenige Kilometer im Landesinneren. Im Ortszentrum steigen wir wieder an einem typischen Bushalte-Kafeníon aus: „O Stathmos“. Wunderbar! Wieder der absolute Dreh-und Angelpunkt des Ortes. Ich stelle mein Gepäck an einen Tisch auf der Terrasse und hole mir an der langen Theke im Lokal ein schönes, kaltes Bier. Es dauert mindestens noch eine gute Stunde bis der Bus nach Sfakiá kommt. Solange will ich hier nicht sitzen bleiben und beschließe nach einer Viertelstunde, etwas durch den Ort zu laufen. In der hintersten Ecke des Kafeníons kann ich meinen Zenit deponieren, was die Kellnerin mir auf meine Frage hin auch wohlwollend bestätigt. Ich vertraue darauf, dass hier nichts wegkommt, und mache mich zu meinem Spaziergang auf.

    Durch Vrisses bin ich früher schon einige Male durchgefahren, vor über 25 Jahren das erste Mal aus Richtung Süden kommend mit dem Motorrad. In Plakiás hatte ich mir eine 250er Yamaha-Enduro gemietet und habe von dort aus einige Touren unternommen. An der Küste entlang über Frangokástello, Chóra Sfakíon, über die Berge nach Norden bis Vrísses, ein Stück die Küste entlang Richtung Réthimnon und über Nebenstraßen und viele kleine Abstecher wieder durch die Berge gen Süden nach Plakiás.
    Den Führerschein Kl. 1 hatte ich mit 18 mit dem PKW-Führerschein gleich mitgemacht, in der Erwartung, dass ich mir mal ein Motorrad zulegen würde. Bis dahin war ich immer Mofa und frisiertes Moped mit kleinem Nummernschild gefahren. Ein eigenes Motorrad habe ich aber fortan nie besessen, sondern immer nur schonmal von Freunden ausgeliehen oder eins gemietet. Verlernen tut man das Motorradfahren eigentlich nie, wie das Fahrradfahren, aber man sollte schon sehr vorsichtig fahren, gerade auf Kreta. Damals waren die Straßen noch schlechter, und die plötzlich auftretenden Schlaglöcher, Schotterpisten-Abschnitte und das Geröll vom Steinschlag waren nicht ohne. Und Helmpflicht gab es (zum Glück) nicht. Ich hatte einige Male einen guten Schutzengel bei mir, und es ist glücklicherweise nie was Schlimmeres passiert. Ich kann heute jedenfalls behaupten, dass diese Touren mich in Gefühlszustände versetzt haben, die ich bis Dato nur in zwischenmenschlich, erotischer Hinsicht kannte. Die atemberaubenden Panoramablicke über das Libysche Meer und die intensiven Gerüche in der Bergwelt mit ihren fruchtbaren Tälern, das Alles auf durchgerütteltem Sattel, sind wahrscheinlich Schuld daran, dass ich mich damals schon in Kreta verschossen habe. Und mit Helm wäre das womöglich nicht passiert, denn ohne ist es einfach geiler.
    Heute gibt es zwar die Helmpflicht auf Kreta, aber es scheint niemanden zu interessieren, ob man mit oder ohne fährt, auch nicht die Polizei. Ich denke aber, dass man im Falle eines Unfalls schlechte Karten hat, nicht nur wegen der erhöhten Verletzungsgefahr, sondern auch „versicherungstechnisch“, egal, ob man den Unfall verschuldet hat oder nicht.


    Vrísses (wahrscheinlich von „Vríssi“ Wasserhahn) war mir von den Durchfahrten her schon immer positiv aufgefallen, weil es sehr grün ist. Am Ortseingang, aus Richtung Süden kommend, überquert man den noch nicht ganz ausgetrockneten Dorfbach Voutakás, dem die alten, großen Platanen und sonstiges, üppiges Grün ihre Existenz verdanken. Nur ca. hundert Meter von der Busstation entfernt, komme ich hier an und schaue mich ein wenig um. Man hat sich schon Mühe gegeben, die grüne Oase zu einem Besucherzentrum zu gestalten. Es ist ganz schön angelegt mit kleineren Holzbrücken und einige Wasservögel tummeln sich hier. Das Ganze erinnert mich ein wenig an ein typisches Wochenend-Ausflugsziel in der Eifel. Allerdings sieht man auch ziemlich versiffte, kloakenartige Pfützen mit Unrat, was widerrum typisch für Kreta ist.
    Ringsum liegen Tavernen mit schönen Außenterrassen unter den Schatten spendenden Bäumen. Zu dieser Tageszeit ist es aber nix los. An einer Taverne sehe ich wieder Schaf oder Ziege oder Beides auf dem Flammengrill brutzeln und werde von einem freundlichen jungen Mann aufgefordert, Platz zu nehmen. Als ich ihm sage, dass ich aus Anógia käme und dort auf einer Hochzeit war, weiß er direkt Bescheid und versteht, dass ich beim Anblick dieser kulinarischen Köstlichkeit jetzt nicht unbedingt schwach werden muss.

    Langsam bewege ich mich wieder Richtung Kafeníon. Das erwähnte, ungleiche Päärchen sitzt auf der Terrasse und spielt Karten. Ich stelle fest, dass ich kein Kleingeld mehr habe. Das Bier hatte ich noch nicht bezahlt und müßte das jetzt mit einem 100 €-Schein erledigen. Ich bestelle mir noch eins, damit es nicht gerade so krass ist. Die Kellnerin ruft beim Bezahlen den „Mann für alle Fälle“ her, der hier offensichtlich alles koordiniert und im Griff hat. Er palavert mit den Busfahrern, hat alle Infos für die Touris parat und hat wohl auch die Procura über die Kasse. Die Kellnerin gibt ihm meinen 100 €-Schein und er macht erst mal seine Zirkusnummer, indem er ihn demonstrativ ins Licht hält und durchknetet und dann: Oh, its all Mafia! Und ich bestätige: Sure man, I' m coming from Zonianá! Wir lachen beide und er gibt mir das Wechselgeld. Lustiger Typ und wie geschaffen für den Job.

    Der Bus kommt und alles steigt ein. Die Fahrstrecke in die Sfakiá ist landschaftlich für mich eine der schönsten Nord-Süd Verbindungen, die ich bisher gefahren bin. Sie ist auch eine der Kürzestens an dieser Stelle Kretas und misst nur ca. 40 km Fahrstrecke.

    Die grobe Orientierung ist auf Kreta relativ einfach, dank der schmalen, langezogenen und fast waagerechten Lage der Insel im Mittelmeer. Wer mit den Himmelsrichtungen Probleme hat, der kann sich auch an oben und unten, und rechts und links orientieren. Die Insel ist geografisch auf den ersten Blick ziemlich klar gegliedert. Die Hauptstadt Heráklion mit dem Hauptflughafen liegt oben ungefähr in der Mitte. Von Norden (also oben) aus kommend geht’s dann zunächst entweder nach rechts, links oder geradeaus. Die 3 großen Gebirgsmassive sind mit den jeweils bis zu 2.500 m hohen Gipfeln ziemlich gleichmäßig verteilt: In der Mitte das Psiloritis Gebirge mit dem Tímios Stavrós (der Höchste der 3 Gipfel) rechts im Westen die Lefká Óri (die weißen Berge) mit dem Páchnes, und links im Osten das Dikti Massiv mit dem Díkti. Mit Verlaub könnte man Kreta auch die 3-tittige-Insel nennen.
    Die horizontale Ausdehnung von Kreta beträgt Luftlinie maximal ca. 260 km und die vertikale maximal nur ca. 60 km, an der schmalsten Stelle sogar nur 15 km.. Eigentlich ein Katzensprung von Nord nach Süd, aber was sich dazwischen auftut, ist ur-gewaltig und auf diese Art wohl einzigartig. Kein Wunder, dass die Kreter von ihrem eigenen Kontinent sprechen, denn die Entfernung zum griechischen Festland im Norden und im Süden zu Nordafrika ist schon beträchtlich. Und mitten im Mittelmeer geht’s dann mal eben 2,5 km vertikal nach oben, mit unzähligen gewaltigen Schluchten. Hier muss wirklich was los gewesen sein bei der Erdentwicklung. Kurz gesagt hat das Ganze dazu geführt, dass man sich auf Kreta niemals vornehmen sollte, insbesondere in abgelegeneren Gegenden, mal für einen halben oder auch ganzen Tag eine Erkundungstour mit mehreren Zielen zu machen, sei es zufuß oder motorisiert. Man ist immer mindestens doppelt solange unterwegs als man denkt und hat am Ende nicht wirklich was gesehen. Also besser ein bestimmtes Ziel und sich dieses entspannt anschauen. Leichter gesagt als getan, ich werde wohl auch beim hundertsten Mal auf Kreta noch den Fehler machen, mir möglichst viel anzusehen, wenn ich z.B. ein Mietauto habe, und bin am Ende vor lauter Serpentinen- und Schotterstraßenkurverei vollkommen geschafft (und meine Begleitung umso mehr).
    Nur ein Beispiel: Vor 3 Jahren das erste Mal in Soúgia im Süd-Westen (für eine Woche, um dann später noch für 3 Wochen nach Lentas überzusiedeln, nach über 30 Jahren der längste Urlaub, 4 Wochen!) Der Plan war, für einen Tag von Soúgia aus mit dem Mietwagen über Paleochóra nach Elafoníssi und zurück. Zwischendurch noch die ein oder andere Sehenswürdigkeit auf der Strecke mitnehmen. Von der Karte und der Entfernung her ein durchaus überschaubares Unternehmen. Auf dem Hinweg ein Frühstück an der Promenade von Paleochóra und dann weiter nach Elafoníssi an die bekannten, unter Naturschutz stehenden, südsee-ähnlichen Strände. Auf dem Rückweg kann man sich ja dann Paleochóra, insbesondere das alte Hafenviertel, noch genauer anschauen und noch schön was essen gehen. Denkste!
    Obwohl wir in Elafoníssi beim Anblick völkerwanderungsähnlicher Besucherströme und Massen von Reisebussen sofort wieder kehrt gemacht hatten, haben wir es so gerade bei Einbruch der Dunkelheit zurück nach Soúgia geschafft. Den erneuten Besuch von Paleochóra auf dem Rückweg hatten wir uns sodann gespart, weil wir durch Umleitungen und schlechte Beschilderung auf Schotterwegen gelandet waren, die teilweise im Niemandsland endeten, und dann auch noch einige Male im Kreis gefahren waren, was unglaublich viel Zeit in Anspruch genommen hat. Wenn ich alleine bin, verfahre ich mich eigentlich immer ganz gerne im Urlaub, da man so an Stellen kommt, die man sonst nicht gesehen hätte. Aber Mitfahrern ist es kaum zuzumuten, da es eher eine Quälerei ist, wenn man nicht selber am Steuer sitzt.
    Das Fazit war jedenfalls einmal mehr, dass wir uns besser nur einen schönen Tag in Paleochóra gemacht und auf Elafoníssi verzichtet hätten. Aber im Nachhinein ist man ja immer schlauer.


    Zurück zur Bustour:
    Von Vrísses geht es durch herrliche Landschaften am Rande der Lefká Óri über die Askífou-Hochebene nach Chóra Sfakíon. Der Westen Kretas ist besonders um die Region Chaniá relativ grün und teilweise stark bewaldet. Auch Nadelbaumbestand, der ein wenig an das Alpen-Vorland oder deutsches Mittelgebirge erinnert.
    Auf der ca. einstündigen Busfahrt in den Süden lasse ich links und rechts wieder etliche, im „Fohrer“ beschriebene Orte liegen, die bestimmt einen Abstecher wert wären. Aber das Libysche Meer zieht mich an wie ein Magnet, und so fahre ich durch. Das letzte Stück hinter der Askífou-Hochebene führt entlang der Imbrós-Schlucht über unendliche Serpentinen runter nach Sfakiá, wie der Ort und die ganze Umgebung auch verkürzt genannt werden. Ich erinnere mich wieder an meine damaligen Motorradtouren und bin hingerissen von den fanatastischen Ausblicken auf das Meer und die weite Küstenebene um Frangokástello. Und alles liegt in einem unvergleichlich schönen Licht, für mein Empfinden anders als im Norden der Insel.
    Die Straße ist mittlerweile richtig gut ausgebaut und dem starken Reise(-bus) verkehr angepasst. In Chóra Sfakíon steige ich auf dem kleinen Umschlagplatz etwas oberhalb des Dorfes aus. Ich nehme mein Gepäck und mache mich auf zur Zimmersuche.
    „ Room, you want room?“- rufende Zimmeranbieter gibt’s auch hier nicht mehr. Aber es ist ja auch noch Hochsaison. Im Ort mache ich später das erste „Selfie“ meines Lebens mit dem glücklichen Gesichtsausdruck, endlich wieder am Libyschen Meer zu sein.
    Geändert von belgofritz (2.December.2017 um 13:29 Uhr)

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