Seite 2 von 4 ErsteErste 1 2 3 4 LetzteLetzte
Ergebnis 41 bis 80 von 135

Thema: Endlich ist das Ding gepackt! Nach 35 Jahren nochmal ein Solo mit Rucksack

  1. #41
    Registriert seit
    23.July.2012
    Ort
    Basel
    Beiträge
    5.303

    Standard

    Willkommen zurück - freue mich auf die Fortsetzung :)

    Gruss Sabine
    Η Κρήτη βρίσκεται στην καρδιά μου

  2. #42
    Registriert seit
    10.August.2012
    Ort
    wieder in NRW
    Beiträge
    2.447

    Standard

    Ich lese auch gerne weiter mit - wir haben die Plätze getauscht inzwischen - Du bist wieder in Ooche und ich auf Kreta. Gruß nach Aachen/Belgien krassi

  3. #43
    Registriert seit
    17.March.2016
    Ort
    Fellbach
    Beiträge
    564

    Standard

    Egal wie, schreib einfach weiter

    Freue mich auf die Fortsetzung

  4. #44
    Avatar von Inke
    Inke ist offline πάρτε με πάρτε με στην Κρήτη
    Registriert seit
    28.March.2008
    Ort
    Im schönen Rheinhessen
    Beiträge
    1.663

    Standard

    Ja, auch ich bin sehr gespannt wie es weiter geht, was Du alles erlebt hast.
    Und vielen Dank, dass wir daran teilhaben dürfen.
    Einen Gruß nach Aachen in meine frühere Heimat.
    Inke


    Lasst uns immer in den großen Traum des Lebens
    kleine bunte Träume weben

  5. #45
    Registriert seit
    28.April.2008
    Ort
    aachen
    Alter
    66
    Beiträge
    49

    Standard

    Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	K800_20160818_103404.jpg
Hits:	342
Größe:	186,4 KB
ID:	87242Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	K800_20160818_105742.jpg
Hits:	328
Größe:	194,0 KB
ID:	87243Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	K800_20160818_140218.jpg
Hits:	364
Größe:	219,7 KB
ID:	87244Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	K800_20160818_140233.jpg
Hits:	331
Größe:	243,7 KB
ID:	87245

    2.Tag in Ligaría Fortsetzung

    Auf meinem Zimmer krame ich erstmal Badesachen aus meinem Rucksack und versuche ihn für die knapp 3 Tage, die ich hier bin, möglichst unausgepackt zu lassen. Wiedereinpacken gehört nicht gerade zu meinen Lieblingsbeschäftigungen.
    Im oberen „Deckel-Fach“ des „Zenit 55+10“ hatte ich nur meinen eigens für diese Reise gekauften, kleinen „Kulturbeutel“ von Jack Wolfskin zum Zusammenrollen verstaut, um gut ranzukommen. Aufgeklappt kann man den Beutel dann im Bad aufhängen und man kommt bequem an alles ran. Geht alles rein, was Mann braucht, und ist sehr praktisch. So um die 12 €. Das „Kopfteil“ des Rucksacks bildet übrigens die Reserve von 10 l Packvolumen, deshalb 55+10, so kann man den Rucksack entweder mit 55 l kompakt packen oder die größere Variante mit 65 l.
    Vorteil bei dem Zenit ist, dass er auch von der Vorderseite aus zu öffnen ist, und man ihn quasi wie eine Reisetasche waagerecht hinstellen kann, um an seine Klamotten ranzukommen. Man muss sich also nicht von oben durch die Tiefe graben (gibt’s natürlich auch von anderen Herstellern). Ein großes Badetuch hatte ich breit gefaltet als Boden und zusätzliches Rückenpolster zu unterst eingepackt. Das muss ich jetzt natürlich rauskramen, ohne Chaos zu produzieren.
    Mit meinem Daypack „Vector 25“ von Lowe Alpine (ca. 25-30 €) stehe ich noch etwas auf Kriegsfuß, weil die einzelnen Fächer komplett anders angeordnet sind, als bei meinem früheren Billig-Pack, und ich ständig nach meinen 7 Sachen suche ( Tabak, Feuer, Handy, Kopfhörer, Kleingeld,Taschenlampe etc... Reißverschluss auf - Reißverschluss zu.... Es wird sich rausstellen, dass ich mich bis zum Reiseende nicht an die elende Kramerei gewöhnen werde.
    Um mein Geld zu verstauen, was auf jeder Reise immer wieder die Gretchen-Frage ist, hatte ich mir einen flachen „Moneybelt“ von Tatonka gekauft ( ca.8 €), den man unsichtbar unter der Kleidung trägt. Ich ziehe das Ding aber nur auf längeren Reiseabschnitten an, ansonsten kommt es in das Daypack. Ich hatte mir auch ein Trekking-Portemonnai aus Kunststoff zugelegt, was mir aber aufgrund des abartig lauten Klettverschlusses beim Öffnen u. Bezahlen und auch wegen der Scheiß-Optik mit albernem Jack Wofskin Logo schlichtweg zu peinlich wurde. Geht nix über ein gutes Leder-Portemonnai, was ich mir später auch in Mires kaufe. Mein altes hatte nach 15 Jahren ausgedient.

    Genug der Details: Die Reisebepackung wird gegen Strandbepackung ausgetauscht und ich gehe gemütlich runter zum Strand, wo ich mir gleich am Anfang der Bucht eine Strandliege mit Sonnenschirm genehmige, Belohnung für meinen geschundenen Rücken. Das Wetter ist spitze, wolkenloser Himmel und nicht zu heiß, schätze so 28 °. Es ist noch vor 12.00 Uhr und noch relativ wenig Betrieb am Strand. Ich mache es mir erst mal so bequem wie möglich, schaue aufs Meer und realisiere: Gestern morgen noch Bahnhöfe wie Niederkrüchten oder Brüggen, und jetzt 3000 km entfernt am Strand liegen mit Blick über's Meer in Richtung ferner Heimat. Nicht schlecht!

    Wie schon gesagt, macht der Ort Ligaría nicht viel her, die Felsen-Bucht mit dem Strand-/Kiesstrand ist landschaftlich aber durchaus reizvoll. Auch das Meer ist klar und sauber (zumindest an den beiden Tagen, die ich hier verbringe), und es läßt sich gut baden und schwimmen, was ich auch ausgiebig tue.

    Der Strand füllt sich langsam. In der Mitte des Strandes unterhalb der schmalen Promenade mit den Tavernen sind schon bald keine Liegen und Schirme mehr frei. Später wird mir klar, dass an den Ortsstränden die Konzentration der badenden Gäste dort am größten ist, wo man im W-LAN-Zugangsbereich der angrenzenden Tavernen liegt, und wo man sich beim ersten Besuch direkt schonmal das Passwort hat geben lassen.
    In meiner Ecke (ohne W-LAN Zugang) bleibt es ruhig, ein älteres, ruhiges Paar, wahrscheinlich aus Russland und ein paar Französinnen (mit Anhang) mieten sich in der Umgebung Strandsets. Das Publikum insgesamt sind auffällig wenig junge Leute, eher Familien mit Kindern und ältere Herrschaften, überwiegend Griechen, wenig Deutsche, einige Russen, Holländer, Franzosen. Die wenigen Tavernen und Snack-Bars mit Garten an der Promenade sind tagsüber leidlich gut gefüllt, aber abends, zumindest an den beiden Wochentagen, die ich hier bin: Absolut Tote Hose! Letzteres betrifft mit Verlaub im wahren Sinne des Wortes auch das Nicht-Vorhandensein von Strandschönheiten weiblichen und, der Ordnung halber, auch männlichen Geschlechts.

    Auffällig ist auch ein offensichtlicher Trend zu englischem Rasen im Vorgarten. Einige Neubauten kommen ungewöhnlich gepflegt daher, und die grünen, klinisch toten Rasenflächen passen so garnicht ins Bild von der Insel Kreta und können ja auch nur mit Unmengen wertvollen Wassers künstlich am Leben gehalten werden. Ich halte es für irrsinnig.
    Um die Langweiligkeit des Ortes abschließend noch etwas näher zu beschreiben: Eine halbwegs groovige Music-Bar o.ä. sucht man hier vergeblich. Gibt es hier nicht. Ligaría scheint mir alles in allem der ruhige Vorposten im Osten von Agia Pelagía zu sein, für langjährige Stammgäste, der auch stark von griechischen Tagesausflüglern aus dem Hinterland und Heraklion frequentiert wird.

    Nach 1-2 Stunden kommt, wie erwartet, ein freundlicher junger Grieche vorbei, um die Miete für das Strandset zu kassieren: 2 € der Schirm u. 2 € die Liege. Zahle ich doch gerne.
    So verbringe ich bis zum späten Nachmittag einen entspannenden Strandtag, ohne Lesen, Tablet, Handy oder sonstiges, nur schwimmen, dösen, denken, gucken. Da ich mir nicht schon am Anfang einen Sonnenbrand einhandeln will, döse ich fast nur im Schatten.

    Am späteren Nachmittag gehe ich noch kurz zum Mini-Market um Wasser und ein Fläschchen Retsina für eine Zwischenmalzeit zu kaufen. Diesmal ist eine junge, freundliche Griechin an der Kasse, und der Griechisch-Small-Talk klappt schon besser. Auf dem Rückweg zu meinem Zimmer begegne ich meinem alten Freund von „Ligaría Studios“, der auf seinem Grundstück, das vom ca. 50 m zurückliegenden Apartmenthaus im Ort bis zur Promenade reicht, für Ordnung sorgt. Er erkennt mich sofort, begrüßt mich herzlich und fragt mich etwas stibitzig, wo ich denn nun untergekommen sei. "Bei Maria" sage ich, woraufhin er sich die Frage nicht verkneifen kann, was ich denn da bezahlen würde. Das Ausfragen von Pensionsgästen durch konkurrierende Vermieter mag legitim sein, und es ist mir auch schon früher öfter begegnet. Es gefällt mir aber irgendwie nicht. Deshalb lasse ich ihn etwas suffisant im Dunkeln und sage, ich wüßte es nicht genau, vielleicht irgendwas zwischen 20 u. 30 €. Er scheint etwas irritiert, will mich auf 30 € festnageln, was ihm aber nicht gelingt, und wechselt dann geschickt das Thema, indem er mich fragt, ob ich aus Deutschland sei. Ich bejahe und er erzählt mir, dass er vor langer Zeit mal in Deutschland gearbeitet hätte, aber kein Deutsch mehr sprechen könne. Aber wieso ich denn so gut Griechisch sprechen könnte. Ich sage nur: Móno ligo, Efkaristó! (nur ein wenig, Danke!) und dass ich es in Deutschland lernen würde. Das scheint ihm zu gefallen und wir verabschieden uns. Sto kaló!

    Kleiner Exkurs:
    Ich weiß nicht, wieviele Griechen ich schon getroffen habe, die irgendwann mal für längere Zeit in Deutschland gearbeitet haben, aber es waren schon verdammt viele. Manche haben für immer Fuss gefasst, wenn sie gutes Geld verdienen konnten und mit der Mentalität, dem Wetter und dem schnelleren Lebensrythmus klarkamen, und andere sind für immer zurückgekehrt, weil sie nicht klarkamen. Eine Frage der individuellen Lebenssituation und des Typs.
    In Aachen haben wir eine relativ große griechische Gemeinde. Außer den Gastarbeitern sind in den 70ern auch viele Studenten nach Aachen gekommen, um der Militärdiktatur den Rücken zu kehren (der Legende nach natürlich auch, um sie aus dem Exil heraus zu bekämpfen!) und betätigten sich neben dem Studium in der Gastronomie. Nach und nach entstanden etliche griechische Restaurants und Kneipen, deren Inhaber das Geldverdienen dem Studieren vorgezogen hatten. Jedenfalls sorgte das damals für eine echte Bereicherung der Gastro-Szene, weil es genau diese Kneipen waren, wo fast jeder gerne hinging, Studenten und Nicht-Studenten, Jung und Alt, arm und reich, ganz links und weniger links, gesund und krank.... Die Kneipen waren gemütlich, Essen und Trinken reichlich und gut und vor allem günstig, die Atmosphäre symphatisch und ungezwungen, und rumtobende Kinder herzlich Willkommen.
    Mittlerweile wächst die 3. Generation heran. Die griechischen Kneipen sind deutlich weniger geworden und größtenteils „turkisiert“. Die Griechen arbeiten heute in allen Bereichen und fahren zum Teil nur noch zum Urlaubmachen „nach Hause“. Viele Ältere sind auch in der glücklichen Situation, einen Zweitwohnsitz in ihrer Heimat haben, oft elterliches Eigentum, und können je nach Gesundheitszustand wählen, wo sie ihren Lebensabend verbringen. Die bessere Gesundheitsversorgung in Deutschland ist für viele griechische Rentner der Grund, lieber in Deutschland zu bleiben. Und die Kinder haben oft keinen richtigen Bezug mehr zur Verwandschaft und zum Leben in Griechenland und haben ihren Lebensmittelpunkt jetzt in Deutschland.

    Den Rest dieses Wellness-Tages kann ich kurz zusammenfassen: Zurück auf meinem Zimmer erstmal einen Kaffee. Dann mache ich es mir auf dem Balkon mit Brot, Käse, Melone und Retsina und Zigaretten gemütlich und halte mich noch eine ganze Weile dort auf. Im Vorgarten (der ebenfalls eine große und untypisch grüne Rasenspielfläche ist, allerdings nicht englisch – eher medium) spielen die Kinder, bzw. sie ärgern die Hunde. Hin und wieder bleiben sie vor mir stehen (Kinder wie Hunde), lachen mich freundlich und neugierig an und sagen irgendwas auf Griechisch, was ich nicht verstehe. Ich lache fröhlich mit.

    Bei Dunkelheit gehe ich nochmal durch den Ort, versuche irgendwas Interessantes zu entdecken und lande am Ende wieder bei Anatoli. Hier ist wieder kaum was los. Ich esse noch was Kleines (glaube Saganáki) und unterhalte mich zwischendurch sehr gut mit der jungen Kellnerin, die aus der Tavernen-Familie zu sein scheint. Ich trinke mich mit Bier und Raki bettschwer und gehe schlafen.
    Auf der Veranda im Garten von Marias Apartments sitzt abends die Familie zum Essen mit Außen-TV zusammen. Ein alter Patriarch mit Schnäuzer und weißen Haaren sitzt den lieben langen Tag fast immer da. Ich suche keinen Kontakt, grüße aber beim Vorbeigehen immer anstandsgemäß, so wie jetzt: Kaliníchta!

    Morgen erst mal wieder Strand und dann geht’s nachmittags zufuß nach Agia Pelagía.
    Geändert von belgofritz (19.November.2016 um 14:39 Uhr)

  6. #46
    Registriert seit
    23.July.2012
    Ort
    Basel
    Beiträge
    5.303

    Standard

    Schön und interessant geschrieben , danke für die Mühe . In Ligaria und Agia Pelagia war ich noch nie - immer nur vorbei gefahren .

    VG Sabine
    Η Κρήτη βρίσκεται στην καρδιά μου

  7. #47
    Registriert seit
    1.February.2016
    Beiträge
    31

    Standard

    Ich freue mich schon auf die Fortsetzung

  8. #48
    Registriert seit
    27.August.2010
    Ort
    Basel/Ierapetra
    Beiträge
    1.059

    Standard

    Wow, ich bin richtig glücklich darüber heute wieder einmal im Forum gestöbert zu haben. Dieser Reisebericht ist ein Genuss zum lesen. Man sieht dich förmlich vor einem und erlebt die Reise mit dir. Danke fürs schreiben. Hoffentlich hast du Lust zum weiter schreiben.

  9. #49
    Registriert seit
    28.April.2008
    Ort
    aachen
    Alter
    66
    Beiträge
    49

    Standard

    Zwischendurch ein kleines Bilderrätsel:

    Wer kann mir sagen, wo dieser Warnhinweis hängt?

    Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	Warnhinweis.jpg
Hits:	425
Größe:	83,4 KB
ID:	87251

  10. #50
    Registriert seit
    10.August.2012
    Ort
    wieder in NRW
    Beiträge
    2.447

    Standard

    In Mali vielleicht??

  11. #51
    Registriert seit
    7.November.2016
    Ort
    LK Aichach-Friedberg
    Beiträge
    76

    Standard

    Hallo,

    ein originelles Bild, das hängt vor einer urigen Kneipe östlich von Lentas namens Ostria, sehr lustiger Typ dort als "Wirt", der Che Guevaa-Fan ist.. :-)

    Grüße Chris

  12. #52
    Dionysios Gast

  13. #53
    Registriert seit
    28.April.2008
    Ort
    aachen
    Alter
    66
    Beiträge
    49

    Standard

    Richtig, Dionysios und Mavros Lagos!
    Ich finde das Schild auch ziemlich witzig. Und Babis, der "Wirt", ist zwar etwas schwer zu nehmen, da man nie weiß, wie er gerade reagiert, d.h., was man sagt oder macht ist meistens verkehrt, aber er ist bestimmt herzensgut und einer der wenigen "Unverbogenen".

    Auch Danke für den TAZ-Artikel, den ich noch nicht kannte.

  14. #54
    Registriert seit
    28.April.2008
    Ort
    aachen
    Alter
    66
    Beiträge
    49

    Standard

    3. Tag in Ligaría und Agia Pelagía

    Heute morgen trinke ich erst mal einen starken Kaffee auf dem Zimmer und gehe am späteren Vormittag nochmal an die Promenade, um vielleicht doch noch ein Frühstücksei, in welcher Zubereitungsform auch immer, zu ergattern. Ich versuche es in einer Snack-Bar, die einen großen Garten mit Tischen und Stühlen hat und im hinteren Bereich einen Pavillon, in dem alles zubereitet wird. Wegen der umlaufenden Theke mit den Barhockern sieht es so aus, dass er abends als Cocktail-Bar dient.
    Es sitzen einige Frühstücksgäste hier und ein älterer Grieche ist an dem Morgen alleine für die gesamte Bewirtung zuständig. Vom Pavillon zu den einzelnen Tischen sind recht lange Wege zu laufen und er scheint etwas gestresst zu sein. Deshalb warte ich auch lange auf seine Bedienung, was mich allerdings nicht stört. Denn wenn ich jetzt Eines habe, dann ist das Zeit.
    Ich schaue mir die kleine Snack-Karte an und bestelle später ein Sandwich mit Schinken und Käse und einen Nescafe. Leider gibt’s weder Omelett noch Spiegelei noch Kochei.

    Später gehe ich wieder in meine Strandecke, wo ich den Tag eigentlich wieder genauso verbringe wie am Vortag. Einziger Unterschied: Ich mache mich zwischendurch zu einem kleinen Spaziergang um die östliche Felszunge auf, da ich grundsätzlich immer den starken Drang habe, wissen zu müssen, was sich hinter der nächsten Ecke verbirgt. Meistens kommt dann aber wieder ein Felsen-Vorsprung und hinter dem nächsten dann noch einer und so fort. Ich begnüge mich heute mit einem.
    Es würde mich ja schon reizen, mal eine reine Küstenwanderung rund um die Insel Kreta zu machen, aber da kommt man mit 2-3 Monaten Zeit bestimmt nicht hin.

    Der Weg vom Strand um den Felszipfel herum scheint neu angelegt worden zu sein, in Natursteinpflaster und mit mehr oder weniger schönen, auf Antik gemachten Laternen, wie man sie in den letzten Jahren immer öfter hier sieht. Auf der Landspitze steht eine Sitzbank, die nach Westen ausgerichtet ist, um sich abends den Sonnenuntergang reinziehen zu können. Etwas weiter um die Ecke bilden große, flache und naturgewachsene Felsplatten kleine Plateaus, auf denen man sich abseits des Rummels schön entspannen kann. Ein idealer Platz für frisch (und weniger frisch) verliebte und sonstige Romantiker. Allerdings ist das Baden in der kleinen, anschließenden Felseinbuchtung nicht zu empfehlen, da sie zu meinem Erschrecken voller ekliger Abwässer und Unrat ist. Vielleicht vom „Athina Palace“ und sonstigen Hotels, die irgendwo oberhalb liegen müssen?? Es wundert mich, dass am nur wenige Meter entfernten Strand von Ligaría von dem Dreck überhaupt nichts zu sehen ist.

    Am späteren Nachmittag mach ich mich nach kleiner Stärkung auf meinem Zimmer in Richtung Agia Pelagía auf. Ziehe wieder die festen, mittlerweile ausgedünsteten Schuhe an, und packe das Nötigste in mein Daypack. Da ich in jedem Fall in die Dunkelheit kommen werde, ist meine Mini-Maglite das wichtigste Utensil. Der grob betonierte Weg über die Felszunge nach AP ist anfangs lang und sehr steil, was mich wieder in meiner Entscheidung bestätigt, hier bei meiner Ankunft nicht noch mit voller Ausrüstung rübergegangen zu sein. Ich wäre wohl an meine Leistungsgrenze gestoßen. Nach 200-300 Metern oben angekommen, geht’s nur noch die befestigte Straße bergab und man kann die Bucht von AP schön überblicken. Sie ist größer als Ligaría aber landschaftlich auch sehr schön in die Felsenlandschaft eingebettet.
    Unten in AP angekommen gehe ich die ca. 2 Meter breite Strandpromende mit den vielen, ein paar Stufen höher gelegenen Tavernen entlang. Der (Fein-) Kiesstrand ist sehr schmal, nur wenige Meter breit, und gleichmäßig dicht mit Sonnenschirmen und Liegen bestückt. Um diese Zeit ist nicht mehr allzu viel los am Strand, aber ich denke, dass er tagsüber ziemlich überfüllt sein muss. Ich hatte eigentlich keine klare Vorstellung vom Ort Agia Pelagía, wußte nur, dass es ein schon lange bekanntes Pauschal-Touristenziel ist und erwartete jetzt einige Hotelburgen in Strandnähe. Dem ist nicht so, es gibt jedoch einige Nobel-Resorts und All Inclusive Hotels, die sich ganze Landstriche in der Umgebung zu eigen gemacht haben. Hierzu später mehr.
    Die „ Fress-und Vergnügungsmeile“ an der Promenade gibt zu meiner Überraschung auch ein recht angenehmes und buntes Bild ab, da jedes Lokal in einem unterschiedlichen und geschmackvollen Stil gestaltet ist. Also durchaus einladend.
    Zum Abendessen ist es für mich aber noch zu früh und ich gehe fast bis zum Ende der Promenade, wo der Strand endet und die Promenade entlang des Wassers bis zur nächsten Felszunge reicht. Ich frage einen Angler, der auf der Ufermauer sein Glück versucht, ob ich um die Felsenspitze herum zu den nächsten Buchten spazieren könne. Im „Fohrer“ hatte ich gelesen, dass es Richtung Westen noch weitere kleine Buchten mit schönen Tavernen gibt. Ich hatte mir „Mononáftis“ zum Ziel gesetzt. Dort will ich dann auch was essen und dann langsam wieder zurückgehen. Aber die Küste entlang: Ochi! No chance! Er beschreibt mir den Weg nach Mononáftis, der am westlichen Ortsende hinauf über den Landzipfel führt. Er nennt mehrmals das Wort „Capsis“, was man wohl zu kennen hat, mir aber überhaupt nichts sagt. Entfernung ca. 25-30 Minuten. Ich kann eigentlich nicht glauben, dass es keinen tausende Jahre alten Trampelpfad an der Küste entlang geben soll. Aus irgendeinem Grund muss hier wohl Sperrgebiet sein. Ich gehe zurück in die Hauptstraße, die vom Ort zum Strand führt und sehe nach 30 m linker Hand ein typisch schlicht gehaltenes Kafeneíon mit kleiner Veranda, auf der einige ältere Eingeborene Ihren Ellinikó trinken, und ein Mann mit etwas längeren glatten Haaren kommt mir irgendwie bekannt vor. Sieht aus wie der Regisseur Roman Polanski. Sicherheitshalber frage ich ihn auch nochmal nach dem Weg nach Mononáftis. Er gibt mir zunächst freundlich auf Griechisch Auskunft und fragt dann sofort, ob ich Deutscher sei und von wo. Als ich Aachen sage, entgegnet er mir in fließendem Deutsch, dass er 10 Jahre in Aachen und Würselen gearbeitet hätte und ob es die und die und die Kneipe noch gäbe. Im Nachhinein weiß ich nicht, ob mir der Typ nun tatsächlich vielleicht aus irgendeiner Kneipe in Aachen bekannt vorkam oder nur aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem Regisseur. Egal, ich folge seiner Wegbeschreibung und gehe bei Anbruch der Dämmerung in Richtung Westen, erstmal rechts an einer langen Mauer entlang, die offensichtlich die Grenze zum vorgenannten Sperrgebiet bildet. Links ist die Straße von einigen Souvenirläden gesäumt, und oben auf der Höhe gehe ich an einer noch recht belebten Kreuzung rechts aus dem Hauptort hinaus. Nach ca. 200 Metern geht rechts wieder eine schmale, dunkle Straße leicht abschüssig hinunter. Gegenüber liegt ein Café mit Terrasse, auf der 2 junge Griechen sitzen, die mir freundlich bestätigen, dass dies der Weg nach Mononáftis sei, und dass ich bis zum „Península“ gehe müsse, dort hindurch und dann einige Treppen zur Bucht runter. Ich habe zwar keine Ahnung, was zum Teufel „Península“ ist und wie das Ganze überhaupt aussehen soll, bedanke mich aber und mache mich auf den Weg. Nach 200 Metern sehe ich in der Ferne schon einige Lichter und ich folge der Straße, die am Ende wieder einen guten Anstieg macht. Unterwegs begegnen mir vereinzelt kleine Gruppen, die wohl zum Essen und Abfeiern nach AP-City gehen.
    Noch ist es nicht ganz dunkel und ich kann über eine nur leicht hüglige und relativ grüne Landschaft Richtung landeinwärts schauen, wo ich einige vereinzelte Häuser und auch größere Anlagen erkennen kann. Die Gegend macht einen ganz ansehnlichen Eindruck.

    An den Lichtern angekommen gehe ich eine kleine Ladenstraße entlang und frage hier nochmal eine Frau, die gerade an den Verkaufsständen rumkramt, nach dem Weg nach Mononáftis. Wieder höre ich „Península“ und versuche den Weg, den sie mir beschrieben hat, zu finden. Gehe aber ein Stück zu weit geradeaus und dann links durch einen Torbogen in eine Grünanlage und stehe mitten in einem aufwendig begrünten Bereich mit großem Pool und Restaurant. Ich gehe um den Pool rum und frage einen jungen Angestellten nach dem Weg. Leider kennt sich der junge Mann überhaupt nicht aus, da er wohl gerade erst hier angefangen hat zu arbeiten, und ich gehe wieder ein Stück zurück und wieder rechts ab. Hier lese ich zum ersten mal den Namen „Peninsula“, was ein recht nobles 4 Sterne-Resort/Spa/Hotel ist. Alles ist vom Feinsten gebaut und, soweit ich es in der Dunkelheit erkennen kann, auch recht geschmackvoll mit viel Naturstein. Am Ende des Weges sehe ich an einem kleinen Platz 2 Treppenabgänge und gehe den ersten hinunter. Eingerahmt von ungewöhnlich akkurat gemauerten Natursteinwänden mit regelmäßigen Lichtauslässen führt er sehr verwinkelt und über kleine Zwischen-Terrassen mit einzelnen Apartmenthäuschen steil und tief hinunter in die Bucht. Alles sehr üppig und geschmackvoll begrünt. Mir fällt auf, dass mir die ganze Zeit keine Menschenseele begegnet, und ich mich möglicherweise in einer privaten, für Außenstehende nicht bestimmten „No go area“ befinde. Aber dann hätte es wohl auch abgeriegelt sein müssen.
    Etwas unwohl wird mir bei dem Gedanken an den Rückweg, denn es sind bestimmt hundert Stufen, und das nach dem Essen (und Trinken).

    Unten komme ich direkt auf den Felsenvorsprüngen zur kleinen Bucht Mononáftis aus. Ich gehe über ein kleines Stück Strand in Richtung einiger weniger Tavernen und es kommt mir alles etwas mystisch vor, weil es einfach auch sehr ruhig ist. Diesen Ort hätte ich jetzt auch gerne bei Tageslicht gesehen, aber die dunkle Felsensilhouette, die sich über der Bucht am klaren Nachthimmel abzeichnet, läßt mich vermuten, dass es ein ganz schönes Plätzchen sein muss. Und wegen des in der Ferne glitzernden Meerespiegels sehe ich plötzlich auch noch, dass Vollmond ist. Als bekennender Romantiker werde ich voll und ganz für meine Nachtwanderung belohnt.

    Ich suche mir wieder die Taverne meiner Begierde aus und kehre bei „Taverne Vasilis“ ein. Wie auch in den anderen Restaurants ist hier nichts los. Möglicherweise haben die Geschäfte auch hier unter der Vollversorgung der Touristen in den All Inclusive-Hotels zu leiden, zumindest abends. Ein Tisch ist besetzt. Ich werde freundlich von einem jungen Griechen empfangen, der mir einen Tisch anbietet und mich fragt, wo ich herkomme. Ich antworte ihm auf Griechisch, dass ich gerade von Ligaría aus zufuß käme, was ihn sichtlich erstaunt. Scheinbar kommt es hier nicht mehr so häufig vor, dass jemand längere Strecken ohne mobilen Unterbau zurücklegt (obwohl ich insgesamt vielleicht gerade mal eine gute Stunde unterwegs war). Und Wandern ist bekanntlich eine Erfindung der Touristen – für einen Kreter oder Griechen ist es ungefähr genauso beknackt wie stundenlanges Sonnenbaden.
    Ich erzähle ihm auch von meiner Rucksackreise, was ihn augenscheinlich begeistert. Er sei Student und wolle auf diese Art auch noch viel reisen.
    Er sagt mir, was es heute frisch gekocht gibt und ich bestelle ein Rindfleisch-Stifádo mit Patátes und gegen den Durst erst mal ein Mythos. Als das Essen kommt, bestelle ich mir noch einen halben Liter Weißwein dazu. Das Essen ist gut und zwischendurch wechsle ich einige Worte mit dem Kellner, der mir erzählt, dass sein Opa vor über 30 Jahren die erste Taverne hier in der Bucht eröffnet hätte, und ich stelle mir vor, dass damals mit Rucksack-Touristen u.a. wahrscheinlich eine ähnliche Szenerie geherrscht hat, wie in den kleinen Orten an der Südküste. Der Großvater sitzt in dem durch eine Glaswand abgetrennten Küchenbereich und wir grüßen uns kurz. Nach dem Essen kommt die obligatorische Karafáki Rakí (Jámmas) und zusätzlich zum üppigen Obstnachtisch noch ein leckeres Stückchen Kuchen vom Opa. Ich bleib noch eine Weile sitzen, und esse und trinke genüsslich zuende. Zwischenzeitlich waren noch einige andere Gäste gekommen, so dass es für Vasili doch noch was zu tun gab.
    In der Ferne sehe ich auf dem Meer einige Schiffe in Festbeleuchtung, die wohl ihre Moonlight-Partys machen. Schönes Bild.

    Für das Ganze zahle ich am Ende gerade mal 15 € inkl. Trinkgeld. Ich bleibe noch eine Weile sitzen und frage vor Verabschiedung den Kellner noch, ob ich auf meinem Rückweg unbedingt die Treppen hinaufgehen müßte, oder ob es noch einen anderen Weg gäbe. Und es gibt ihn tatsächlich. Da der Hotelkomplex Richtung Meer in den Hang gebaut worden ist, geht man vom Strand nur einige Stufen hoch und hält sich dann links. Dann kann man küstenseitig einen langgestreckten Weg ohne große Steigung zurückgehen.
    ( Es gab übrigens am Ende der Bucht hinter der Taverna Vasilis noch eine Art Nacht-Club ( Nemo), der allerdings (noch) geschlossen hatte).
    Der Weg an Peninsula vorbei ist großzügig in Naturstein angelegt und die rechts davon liegende, dezent angestrahlte Anlage mit den Apartments und Studios macht einen ziemlich hochwertigen Eindruck. Ich bin zwar kein Freund von All Inclusive Hotels, aber diese Anlage ist zumindest, soweit ich es in der Nacht erkennen kann, relativ stilvoll mit viel Begrünung gestaltet.

    Während ich diesen Bericht schreibe, schaue ich mir im Internet einige Fotos von der Bucht und Ihrer Umgebung an und sehe plötzlich ein komplett anderes Bild von meinem Vollmond-Idyll. „Peninsula“ ist nur im unteren Bereich in Naturstein gehalten, ansonsten ist es ein riesiger, ziemlich hoch gebauter, weißer Komplex aus 250 Apartments mit mehreren Pools und allem drum und dran, der sich die gesamte Landzunge gekrallt hat. Auch die andere Seite der Bucht ist mit Hotels zugebaut und der kleine Strand scheint tagsüber tatsächlich ziemlich überfüllt zu sein, zumindest in der Hauptsaison.
    Aber ich möchte mir kein Urteil über die Hotels und die Art des Urlaubs erlauben. Wem`s gefällt, bitteschön. Es wäre ja auch verdammt langweilig und eintönig, wenn alle dasselbe wollten, und das Gegenteil gäb´s dann auch nicht.
    Im Nachhinein bin ich jedenfalls doch froh, nachts hier gelandet zu sein, und behalte die angenehme Stimmung gerne im Kopf.

    Auf meinem Weg zurück komme ich oberhalb einer weiteren kleinen Bucht namens Psaromoúra vorbei und kann wegen der klaren Vollmondnacht alles recht deutlich erkennen. Ebenfalls Schirme und Liegen in Reih und Glied und eine Strandbar, die noch geöffnet hat und an der noch einige Leute sitzen. Ich überlege kurz, ob ich ihr noch einen Besuch abstatte, lasse es aber, da es mir dann doch zu viel ist, wieder hinab- und hinaufzusteigen.
    Ich gehe durch ein Zauntor über ein großes, freies Feld, welches Bauerwartungsland zu sein scheint, und gelange wieder auf die Straße, über die ich gekommen war. In Agia Pelagia gehe ich die Straße nun auf der rechten Seite in den Hauptort runter und sehe, wie auf der gegenüberliegenden Seite ein großes Stahltor automatisch aufgeht und eine Luxus-Limousine auf das Grundstück fährt. Hinter dem Tor sehe ich den Torwächter, der, piekfein mit gleißend weißem Hemd und schwarzer Hose bekleidet, den Gast empfängt und Zufahrt gewährt. Auf der Mauer, die das Anwesen umschließt, lese ich nun das Wort „Capsis“, was nach späteren Recherchen ein Luxus-Elite-Resort mit integriertem VIP-Bereich ist. Das Ganze erinnert mich bei Dunkelheit spontan an Stuttgart-Stammheim und ich denke, dass ich mich auch bei einem Millionengewinn im Lotto, oder wenn ich sonst irgendwie zu Geld kommen würde, niemals in einem solchen Hochsicherheitstrakt wohlfühlen könnte, vollkommen abgeschottet von der Außenwelt. Aber auch hier soll es von mir aus Leute geben, die das brauchen, weil sie sich von der Außenwelt schon so weit entfernt haben, dass sie sich dort nicht mehr aufhalten können und möglicherweise auch Gefahr für Leib und Leben fürchten müssen.
    Was mich allerdings stört, ist, dass sich diese Resorts ganze Landzungen am Meer unter den Nagel reißen, wo der Normalsterbliche (vor allem der Einheimische) dann noch nicht mal mehr an der Küste entlang gehen kann. Irgendjemand erzählte mir mal, dass es in Griechenland keine Privatstrände gäbe. Aber es ist wohl immer nur eine Frage des Geldes, um die Regel zur Ausnahme zu machen zu können.

    An der Promenade setze ich mich noch in eine geschmackvoll eingerichtete Musik-Bar, wo man draußen unter uralten, dickstämmigen Bäumen sitzt. Es ist ziemlich voll mit jungem Publikum, und ich werde freundlich bedient. Da die Musik hauptsächlich Mainstream und für mein Empfinden viel zu laut ist, mache ich mich nach einem Bier wieder auf in Richtung Ligaría.
    Der Weg zurück über den Berg ist nicht beleuchtet, aber wegen des Vollmonds ist alles gut zu erkennen, und ich kann meine Taschenlampe im Rucksack lassen. In Ligaría komme ich zwangsläufig an meinem Stammlokal vorbei und setze mich hier auch noch ein Weilchen hin. Der Chef sitzt mit Familie und Bekannten an einem großen Tisch, und es sind noch ein paar junge Griechen da. Die junge Kellnerin, die mich bedient, kenne ich noch nicht. Sie erzählt mir, dass sie vom Festland käme und in Heraklion studiere. Ich berichte ihr, wohin ich noch vorhätte zu reisen und nenne ihr einige bekannte Orte, auch an der Südküste. Es stellt sich heraus, dass sie Kreta weniger kennt als ich, da sie bisher kaum rumgekommen ist.

    Auf meinem Weg zurück zum Zimmer sehe ich, dass die Tavernen an der Promenade allesamt schon geschlossen sind und Ligaría schon schläft.
    Ich gehe auch schlafen, denn morgen ist mein Abreisetag und es geht in die Berge nach Anógia. Tagsüber hatte ich meine Zimmerwirtin und auch Anatoli in der Taverne gefragt, wann und wo denn die Busse nach Heraklion abführen. Irgendwie wußte aber keiner richtig Bescheid. Anatoli machte aber zu meiner Freude den Vorschlag, dass er mich morgen Vormittag gegen 11.00 Uhr mit seinem Auto mitnehmen könnte. Er müßte eine Freundin nach Agia Pelagía zum Arzt bringen und er würde mich dann oben an der „New Road“ ( Schnellstraßenverbindung an der Nordküste entlang) rauslassen. Hier wäre eine Bushaltestelle, wo regelmäßig Busse nach Heraklion führen. Für mich natürlich perfekt. Efkaristó! Ta léme ávrio stis éndeka!
    Geändert von belgofritz (26.June.2017 um 15:06 Uhr)

  15. #55
    Registriert seit
    1.February.2016
    Beiträge
    31

    Standard

    gut erzählt,man wandert regelrecht mit

  16. #56
    Registriert seit
    5.September.2013
    Ort
    Hamburg & Drapanos-Halbinsel (Apokorónas)
    Beiträge
    2.719

    Standard

    Zitat Zitat von belgofritz Beitrag anzeigen

    Ich gehe auch schlafen, denn morgen ist mein Abreisetag und es geht in die Berge nach Anógia.
    Kalispera belgofritz, bin schon gespannt was du über Anógia berichtest.

    vg, kv

  17. #57
    Registriert seit
    9.November.2005
    Ort
    Baden Württemberg
    Beiträge
    76

    Standard

    Am Morgen einen Kaffee und deinen Reisebericht....was will man mehr

    Danke Dir

  18. #58
    Registriert seit
    23.July.2012
    Ort
    Basel
    Beiträge
    5.303

    Standard

    Zitat Zitat von charlotte Beitrag anzeigen
    Am Morgen einen Kaffee und deinen Reisebericht....was will man mehr

    Danke Dir
    Selbst wieder den Rucksack packen .....
    Η Κρήτη βρίσκεται στην καρδιά μου

  19. #59
    Registriert seit
    9.November.2005
    Ort
    Baden Württemberg
    Beiträge
    76

    Cool

    Zitat Zitat von kiki Beitrag anzeigen
    Selbst wieder den Rucksack packen .....
    Ja, da hast du recht

  20. #60
    Registriert seit
    1.February.2016
    Beiträge
    31

    Standard

    Schade das Du nicht weiter schreibst

  21. #61
    Registriert seit
    28.April.2008
    Ort
    aachen
    Alter
    66
    Beiträge
    49

    Standard

    Keine Sorge, Moni.
    Ich muss immer nur den richtigen Moment finden, wo ich mich wieder dransetze. Ich brauche dann immer einige Stunden am Stück, sonst gibt dat nix. Diese Woche kommt aber der nächste Teil mit meiner Ankunft in Anógia.
    Schön, dass es Dir gefällt.
    VG
    Belgofritz

  22. #62
    Dionysios Gast

    Standard

    Recht haste: Warte, bis dich die Musen küssen! Wir warten in adventistischer Stimmung geduldig auf die Fortsetzung ...

  23. #63
    Registriert seit
    28.April.2008
    Ort
    aachen
    Alter
    66
    Beiträge
    49

    Standard

    Am Morgen stehe ich um halb acht auf, um noch in Ruhe frühstücken und meine Sachen ordentlich packen zu können. Meine Vermieterin Maria macht mir plötzlich das Angebot, dass ich mit Ihrem Mann nach Heraklion fahren könne, da er dort zu tun hätte. Ich müßte wohl spätestens in einer halben Stunde fertig sein. Ich bin froh, dass ich das Angebot von Anatoli habe und winke dankend ab. In einer halben Stunde zu duschen, frühstücken und mich reisefertig zu machen, kriege ich jetzt sowieso nicht hin. Und ohne meinen obligatorischen WC-Besuch am Morgen ist jeder Tag im wahrsten Sinne des Wortes verschissen.

    So mache ich dann alles ganz entspannt und gehe gegen 11.00 mit Sack und Pack zu Anatoli, nachdem ich mich von Maria noch herzlich verabschiedet habe. Bei Anatoli trinke ich noch einen Nescafé, wohl wissend, dass verabredete Uhrzeiten auf Kreta immer nur eine ganz vage Orientierung bedeuten. Nach 10 Minuten kommt er an meinen Tisch und sagt, dass es bald losgehe. Er weiß, dass ich nach Anógia will und malt mir auf einem Zettel auf, wo ich in Heraklion austeigen müsse. Ich bräuchte nicht bis zur großen Busstation Chanióporta fahren, sondern sollte schon weit vorher aussteigen und dann den Bus direkt nach Anógia nehmen. Er findet es toll, dass ich mit dem Rucksack unterwegs bin und scheint sich auf ganz Kreta sehr gut auszukennen. Er gibt mir etliche Tipps, wo ich von Anógia aus hinwandern könnte und schildert mir die seiner Meinung nach geilsten und wildestens Gegenden in der Sfákia im Südwesten, wo der jahrhunderte dauernde Widerstand der Kreter und der „Andarten“ noch zu spüren sei. Ich hatte ohnehin vor, von Anógia aus in den Süd-Westen zu fahren und höre aufmerksam zu. Ich sage ihm auch, dass ich seit Jahren meistens in Lentas Urlaub machte und in einigen Wochen wieder dorthin wolle. Natürlich kennt er Lentas und Umgebung und er philosophiert, dass die Menschen im äußersten Süden einen besonderen„Spirit“ hätten, sie seien cooler und relaxter als im Norden. Die heute Erwachsenen wären mit dem Geist der Hippies aufgewachsen und hätten viel davon übernommen. Ich stimme ihm voll zu, weil mir die These dieser gegenseitigen geistigen Befruchtung auch immer durch den Kopf geht.
    Einige Minuten später folge ich Anatóli und einer jungen Frau mit Baby zu seinem Kleinwagen auf dem staubigen Platz hinter der Taverne. Ich verstaue meine Rucksäcke
    und mich auf der Rückbank, und wir fahren die Hügel hoch raus aus Ligaría.
    Auf der Fahrt folgt ein wenig Griechisch-Small-Talk, auch mit der netten Beifahrerin nebst Baby, und die größte Erkenntnis nach 3 Tagen: Mein Anatoli, den ich einfach wegen des Namens auf dem Tavernen-Schild so genannt habe, heißt Jiorgos! Anatóli heißt nur die Kneipe, und die heißt auch nicht Anatóli, sondern „ Anatolí“ , also der „Sonnenaufgang“ bzw. der „Osten“. Ligaría liegt vom Hauptort Agia Pelgía aus gesehen im Osten, und von der Taverne aus kann man gut den Sonnenaufgang im Osten sehen.

    Oben an der New Road angekommen, schmeißt er mich raus: Take care of you! Kaló Taxídi kai sto kaló!
    Ich gehe zu der Holzbude, die als Wartehäuschen dient und sich quasi schon auf der Beschleunigungsspur hinter der Auffahrt befindet. Ich stelle mein Gepäck unter und sehe, dass die Haltestelle hinter einer lang gezogenen Kurve auf der zweispurigen Schnellstraße liegt, wo man einen mit Karacho ankommenden Bus erst spät sieht. Also muss ich mich einige Meter weiter vorne, direkt an die Piste stellen, um frühzeitig gesehen zu werden.
    Es ist viel Verkehr und ich stehe praktisch mitten auf einer Autobahnauffahrt. Permanent kommen Autos mit einem Affenzahn die Auffahrt aus Richtung Ligaría hochgedonnert und fahren wegen mir dann Slalom, was hier aber nicht unüblich zu sein scheint.
    Ich bin nun mehr damit beschäftigt, den Autos auszuweichen, um nicht überfahren zu werden, als auf den Bus zu achten. Einem SUV-Fahrer fällt vor Schreck das Handy beim Telefonieren aus der Hand. Ich mache eine entschuldigende Handbewegung, aber anstatt sich gefälligst aufzuregen, wie man es aus Deutschland gewöhnt ist, gibt er nur Vollgas und beschleunigt mit quietschenden Reifen und mit aufheulendem Motor auf die Piste.
    Nach ca. 15-20 Minuten habe ich keine Lust mehr, unter Einsatz meines Lebens auf den Bus zu warten, sondern gehe ein Stück in Richtung Beschleunigungsspur und halte den Daumen raus. Es dauert eine Weile. Die Leute, die die Auffahrt hochkommen, haben keinen Bock, mitten im Beschleunigungsvorgang wieder zu stoppen. Manche sind auch voll besetzt oder es sind alleinfahrende Frauen, von denen ich nicht unbedingt erwarte, dass sie mich mitnehmen. Nach ca. 15 Minuten kommt auf dem Highway ein kleiner, alter Suzuki-Van angeheizt, steigt abrupt in die Eisen und bleibt ca. 30 Meter von mir entfernt auf der Beschleunigungsspur stehen. Ich renne schnell zu meinem Gepäck, packe die oberen Schlaufen und laufe zu meinem Hike. Der total zerbeulte und verdreckte Mini-Van macht den Eindruck, dass er bald auseinanderfällt. Sto Iráklio?!, sage ich durchs geöffnete Fenster. Ela!, einsteigen und Gepäck mit auf den Vordersitz. Der Typ, ca. 40-45 J., ist am ganzen Körper bis zu den Ohren tätowiert und hat so buschige, dunkle Augenbrauen, dass selbst Theo Waigl neidisch wäre (die Älteren werden ihn noch kennen).
    Er raucht Zigarillo und sein gesamtes Äußeres ist ausgesprochen archaisch, um nicht zu sagen wild. Das Führerhaus ist mindestens so demoliert und verstaubt wie der Rest des Autos. Er spricht nur Griechisch und wir kommen ins Gespräch.
    Es kann verhängnisvoll sein, wenn man als Fremder mit einem einigermaßen flüssig gesprochenen Satz auf Griechisch in die Konversation einsteigt, weil der Einheimische das gerne annimmt und dann ohne Rücksicht auf Verluste lospalavert. Man stößt dann schnell an seine Grenzen,und schwankt zwischen einerseits Verstehen-Wollen und andererseits nicht Sagen-Wollen, dass man nichts versteht, denn so garnichts versteht man ja nun auch wieder nicht, vonwegen der Mimik und so.
    Den Spruch: „Pio argá sas parakaló“ (etwas langsamer bitte) sollte man jedenfalls unbedingt drauf haben.

    Ich erfahre, dass er aus Pérama kommt, auf der Straße von Réthymnon nach Anógia, und dort mit Landwirtschaft zu tun hat. Ich sage ihm, dass ich eigentlich nach Anógia will, woraufhin er mich an einer entsprechenden Ausfahrt in Gázi rauslassen will. Dort verliefe dann die Straße direkt nach Anógia. Ich verstehe so ungefähr die Hälfte von dem, was er mir in seinem Turbo-Griechisch sagen will, aber merke immerhin, das die „Chemie stimmt“ ( o.k., blödes Wort) und er mir ziemlich symphatisch ist. Ich nehme meinen Tabak raus, um mir eine zu drehen, was ihm offenbar gefällt. Ich frage ihn, ob er auch eine wolle, woraufhin er auf seine noch brennende Zigarillo deutet. Ich drehe ihm dennoch eine und lege sie ihm in die Ausbuchtung des Armaturenbretts. Als ich meine Zigarette rauche, habe ich Bedenken, die Asche bzw. Glut, so wie mein Fahrer es tut, einfach durchs offene Fenster abgehen zu lassen, wegen der katastrophalen Brände, die Kreta immer wieder heimsuchen, und frage ihn, ob das i.O. sei. Ich verstehe gerade soviel, dass das scheißegal sei und nix passieren könne. An der Abfahrt Gázi läßt er mich auf der Schnellstraße raus und erklärt mir kurz, dass ich nur runter zur Hauptstraße gehen müsse. Dort hätte ich dann Bus und Autostop-Möglichkeit nach Anógia. Ich bedanke mich herzlich und drücke ihm zum Abschied die Hand. Als ich die Tür von außen zuschlage sehe ich noch durchs Fenster, wie seine Hand sofort nach meiner Zigarette greift und er sie sich ansteckt. Ich freue mich, dass ich ihm auch was Gutes tun konnte. Sto kaló!

    Unten an der Abfahrt angekommen sehe ich schon die Hinweisschilder. Links geht’s nach Anógia, rechts nach Gázi. Gegenüber der Kreuzung liegt an der Hauptstraße alleinstehend eine relativ neu aussehende „Kantina“, eine Art mobile Imbiss-/Kaffeebude mit Veranda. Hier trinke ich mir noch einen Nescafé und schaue nochmal auf die Kreta-Karte, um zu sehen, wo ich eigentlich genau bin. Ich frage einen jungen Griechen, der mit seinem Auto kurz vorfährt und sich etwas kauft, wo die Bushaltestelle sei. Gleich hundert Meter in Richtung Gázi vor der Brücke, aber er wüsste nicht, wann ein Bus käme. Ich sage ihm, dass ich Auto-Stop machen würde, wenn keiner käme, was ihn zu der Bemerkung veranlasst, dass schonmal Touristen ausgeraubt worden seien, die per Anhalter gefahren sind. Ich deute dies allerdings als unnötige Angstmacherei und halte die Wahrscheinlichkeit, dass mir so etwas passiert, für ungefähr genauso hoch, wie z.B. vom Auto überfahren zu werden (obwohl sie heute schonmal etwas größer war). Man sollte sowieso nicht mit Angst im Nacken unterwegs sein, weil ich glaube, dass man dann das Unglück erst recht anzieht. Ein gesundes Maß an Vorsicht und Respekt vor wirklichen Gefahren ist natürlich immer ratsam. Damit meine ich aber eher, z.B. nicht von 5 m hohen Felsklippen ins Meer zu springen, ohne zu wissen, wie tief das Wasser ist, oder ein Motorrad zu mieten und mit 3 Promille die Serpentinen runterzujagen u.ä..
    Ich gehe also zur Bushaltestelle bzw. zu dem blauen „KTEL“ - Schild an der Straße und stelle mein Gepäck ab. Hinter mir ist eine Art Baustoffhandel und ein vor seiner Hütte angeleinter, deutscher Schäferhund begrüßt mich mit einem mehr oder weniger freundlichen Bellen. Leider fristen Haus-Hunde auf Kreta oft ein armseliges Dasein, und man sieht häufig vernachlässigte und gepeinigte Tiere, die, als vermeintliche Wachhunde, angekettet der Hitze ausgesetzt sind und nur noch aphatisch vor sich hinvegetieren. Oft sind sie nicht mal mehr in der Lage anzuschlagen, da sie komplett gebrochen sind.

    Da auch ich voll der Mittagssonne ausgesetzt bin, aber glücklicherweise frei, gehe ich nach ein paar Minuten ohne mein Gepäck auf die gegenüberliegende Straßenseite und setze mich in das Wartehäuschen in den Schatten, meinen Rucksack am Straßenrand gegenüber im Auge behaltend. Die Straße wird in der Mitte durch eine breite Verkehrsinsel geteilt, die aus massivem, weiß gestrichenem Beton besteht, und deren scharfe Bordkante mindestens 30 cm hoch ist. Sinn und Zweck dieses Straßenbau-Phänomens erschließt sich mir leider nicht, ich vermute aber, dass an diesem Hindernis bei Dunkelheit schon so manch einer sein Auto zu Schrott gefahren hat. Ein Bus-Bahnsteig kann es auch nicht sein, da der Einstieg auf der jeweils anderen Seite liegt, und die Stelle hier nicht den Eindruck macht, als wenn hier überhaupt schonmal jemand auf den Bus wartet. Vielleicht hätte man stattdessen besser Haltestreifen am Straßenrand angelegt, da der Bus nur mitten auf der Fahrspur halten kann.

    Nach ca. 15 Minuten kommt plötzlich ein moderner Minoan Lines- Bus von der leicht abschüssigen Straße von Gázi mit solch hoher Geschwindigkeit angerauscht, dass ich kaum Zeit hab, mich bemerkbar zu machen. Er scheint mein herrenloses Gepäck und mich aber gesehen zu haben, bremst hart und bleibt ca. 25 m von der Halte entfernt mitten auf der Straße stehen. Ich renne mit meinen Säcken wieder Richtung Bus und sehe schon, wie die seitliche Gepäckklappe ferngesteuert auffährt. Verstaue sofort mein „Bagas“ und steige vorne beim Fahrer ein. Einmal Anógia: 4,30 €.

    Über Arolíthos, Tílissos, Goniés schraubt sich die Straße allmählich durch das Vorgebirge des Psilorítis nach Anógia hoch, das in einer Höhe von ca. 800 m als das größte Bergdorf Kretas gilt und eine bewegende, gerade für Deutsche sehr unrühmliche Geschichte hat...

    Auf der Fahrt hat man herrliche Blicke zurück auf die Nordküste mit Heraklion und Umgebung, und die Berglandschaft wird immer imposanter. Anfangs sehr grün mit viel Oliven-und Weinanbau, und je höher man kommt, um so trockener und kahler. Immer wieder habe ich den Gedanken, einfach mal unterwegs auszusteigen, insbesondere in Tílissos, um die Gegend zu erkunden und einige Tage dort zu verbringen. Ich bleibe aber bei meinem Vorhaben, direkt nach Anógia durchzufahren und von hier aus einige Touren zu unternehmen. Alles kann ich mir ohnehin nicht angucken, dafür ist der „Kontinent“ Kreta einfach zu gewaltig, und man bräuchte sehr viel Zeit und Geld und natürlich Unabhängigkeit.
    In Anógia steige ich an der ersten Busstation am Anfang des Ortes aus und gehe erstmal auf den neu angelegten Vorplatz einer Krankenstation in einem älteren, gut restaurierten Gebäude. Dahinter führt am Ortsrand eine Umgehungsstraße zur Hauptstraße durch den Ort, wo sich laut „Fohrer“ die meisten Unterkunftsmöglichkeiten, teilweise mit schönem Fernblick auf die Berge, befinden. Der Himmel ist tiefblau, absolut wolkenlos und es ist nicht zu heiß. Nach einer Zigarette gehe ich erstmal die abschüssige Hauptstraße durch den Ort hinunter. Auf beiden Seiten kleine Geschäfte, Tavernen, Kafeníons etc. und mir fällt sofort auf, dass alles untypisch gepflegt ist, und die schmale Einbahnstraße durchgehend neu gepflastert zu sein scheint. Neue Straßenlaternen säumen den Weg. Getreu meiner Devise, zunächst mal die Eckpunkte abzustecken, gehe ich fast bis zum Ende des Dorfes. Die Straße zieht sich einige hundert Meter bis bis zum Ortsende hin.
    Da es gerade mal gegen 2 Uhr mittags ist, befinden sich kaum Leute auf der Straße, es ist Ruhezeit. Fast am Ende des Ortes setze ich mich auf die Terrasse eines kleinen Kafeníons, wo am Tisch neben mir noch 2 junge Männer sitzen. Ich stelle mein Gepäck ab, bestelle bei einer jungen Griechin ein Bier (Flasche Amstel 0,3 l ) und proste mir zu meiner bisher reibungslos verlaufenen Etappe zu.
    Da das Bergdorf unterhalb des höchsten Gipfels Kretas stark von Wanderern und Bergsteigern frequentiert wird, die vor allem auf die Nida-Hochebene wollen, um dann den „Timios Stavros“ (Gipfel des Psilorítis) zu besteigen, werde ich zwar etwas neugierig, aber nicht wie ein Außerirdischer beäugt. Ich hatte ein paar Worte mit der Kellnerin auf Griechisch gewechselt und höre, wie der dunkelbärtige, junge Mann am Nebentisch zu seinem Kumpel sagt: „ milái Elliniká“ ( der spricht griechisch). Er fragt mich, woher ich komme und ich entgegne, dass ich Deutscher sei und nur ein wenig Griechisch spräche. Er sei aus Anógia und sein Freund, der fließend griechisch spricht, sei Moldawier. Dieser sieht wirklich auch alles andere als griechisch aus, denn hat mit seinem hellen Teint und den blonden, kurzen Haaren tatsächlich einen slawischen Einschlag. Ein freundlicher, gut gelaunter Mensch, der vielleicht 30 Jahre alt ist, aber von harter Arbeit gezeichnet. Er muss auch wieder an die Arbeit, verabschiedet sich und geht. Mit dem Anógier unterhalte ich mich noch ein wenig und erfahre, dass es hier im Oberdorf „Armí“ mehr Möglichkeiten gäbe, ein Zimmer zu mieten, als im Unterdorf „Perachóri“. Ich würde schon was bekommen. Die Preise lägen so bei 30 € die Nacht, was er von sich aus erwähnt, ohne dass ich ihn danach frage.
    Mir kommt es gelegen, dass ich nicht schon heute die steilen Gassen zum viel tiefer gelegenen Unterdorf hinunterlaufen muss, um möglicherweise unverrichteter Dinge mit meinem Gepäck wieder hochklettern zu müssen. „Perachóri“ will ich mir später anschauen. Laut „Fohrer“ ist es der traditionellere Teil von Anógia mit einem schönen, runden Dorfplatz, an dem einige Handwerksläden und Tavernen liegen.
    Nach ca. 1 Stunde und einem weiteren, kühlen Bier bin ich bereit, mich auf die Zimmersuche zu begeben. Ich gehe also wieder die Hauptstraße hoch und sehe einige LKW ankommen, mit Massen von weißen Plastikstühlen und - tischen beladen. Es wird damit begonnen, die Stühle und Tische auf der Straße aufzubauen. Hier gibt’s wohl was zu feiern....
    Im oberen Ortsdrittel rechts hatte ich schon beim Runtergehen „Rent Rooms Arcadia“, ein älteres Gebäude, gesehen. Da das Gelände dahinter stark abschüssig ist, und man zwischen der Bebauung auf die weite Berglandschaft schauen kann, gehe ich davon aus, dass ich hier ein Zimmer mit herrlichem Panoramablick bekommen kann. Ich gehe auf den schönen, baumbeschatteten, kleinen Vorhof des Hauses und ein junges Mädchen ruft sofort nach seiner „Jája“ (Oma). Die ältere, in schwarz gekleidete und selbstbewußt wirkende Dame kommt aus Ihrem kleinen Wohnbereich, und ich frage sie nach einem Domátio für 3 Nächte. Sie bejaht freundlich, dass sie was frei habe, und ich folge ihr eine Außentreppe hoch ins Obergeschoss. Mir fällt auf, dass sie nicht ganz rund läuft und Arm und Hand unentwegt zittern. Wahrscheinlich Parkinson. Sie zeigt mir ein winziges Zimmer mit 2 Einzelbetten, allerdings sehr dunkel und gänzlich ohne Fenster. Das einfache, in die Jahre gekommene Bad mit WC liegt außerhalb auf dem Treppenpodest. Mit dem Bad hätte ich keine Probleme, aber das düstere Zimmer ohne Tageslicht möchte ich mir nicht antun. Zu knastartig, im Notfall o.K., aber nicht jetzt. Der Preis wäre 25 € die Nacht. Wir verbleiben so, dass ich mich noch weiter umschaue und ich gegebenenfalls wiederkomme.
    Ich gehe wieder bis zum Ortsanfang hoch und dann zurück in die Parallelstraße mit den besagten Hotels und Pensionen. Am Anfang der Straße hat man einen sehr schönen Weitblick über das Umland nach Westen auf die Berge. Die Straße führt am Rand des Ortes zum Teil steil hinunter und die Pensionen, mit Namen wie Marina, Aristea, Aris auf der rechten Seite sind mit Ihren Balkonen alle auf Bergsicht ausgerichtet. Irgendwie erscheint mir alles immer noch wie ausgestorben, obwohl es mittlerweile so 4-5 Uhr ist, und ich kann nirgendwo jemanden erkennen, den ich mal ansprechen könnte. Ich bin es aus vielen, kleineren Orten gewöhnt, dass die Zimmeranbieter, meist die Frauen, schon aus Kilometern Entfernung wittern, wenn sich neue Gäste dem Ort nähern und diese dann oft schon am Ortseingang abfangen: „Room? You want room?“ Nur dann nicht, wenn alles bis auf Weiteres belegt ist, was aber relativ selten vorkommt.
    Ich gehe die stark abfallende Straße wieder ganz runter bis zum Ortsende, wo sie sich am Ortsausgang mit der Hauptstraße trifft, mache auf einer kleinen Mauer an einer Schule ein Zigarettenpäuschen und kehre wieder um. Der Rucksack wird langsam wieder schwer. An der Pension Aris finde ich eine Klingel, eine freundliche alte Frau öffnet mir und sagt mir sofort, dass sie kein Zimmer mehr frei hätte und überhaupt im ganzen Ort keine Unterkunft mehr zu bekommen sei, weil: Gámos íne! (Es ist Hochzeit!). Sie hätte schon für andere Gäste überall herumtelefoniert, aber es wäre alles ausgebucht. Ich könnte es ja mal in Zonianá versuchen, da würde ich bestimmt fündig.
    Jetzt weiß ich auch, wozu auf der Hauptstraße die Möblierung stattfindet und mir wird klar, dass ich einen Tag erwischt habe, wo Anógia sich im Ausnahmezustand befindet, und wahrscheinlich Freunde und Verwandte des Brautpaares aus aller Welt sich in Anógia einmieten, um das große Fest zu feiern. Die Aussage: „Es ist Hochzeit!“ kann ja nur heißen, dass das ganze Dorf Hochzeit feiert.
    Geändert von belgofritz (13.January.2017 um 10:22 Uhr)

  24. #64
    Registriert seit
    28.April.2008
    Ort
    aachen
    Alter
    66
    Beiträge
    49

    Standard

    In das berüchtigte, angeblich von Mafia und Drogenbossen regierte, Zonianá wollte ich erst am nächsten Tag mal hinspazieren. Es liegt ca. 5 km entfernt und ich habe keine Lust dort heute noch hinzugehen oder per Anhalter hinzufahren. Außerdem will ich nicht glauben, dass es keine Übernachtungsmöglichkeit mehr gibt, denn eine, wenn auch dürftige, hatte ich ja schon angeboten bekommen. Notfalls würde ich auch darauf zurückgreifen, da es ja letztlich nur drum geht, ein Bett und eine Dusche zu haben.
    Ich verzichte aber darauf, in den Pensionen nebenan auch nochmal anzufragen und gehe quer durch eine Verbindungsgasse ein paar Treppenstufen hoch wieder Richtung Hauptstraße. Ich komme genau gegenüber von „Arcadia Rooms“ aus und stehe auf dem schönen Meidani-Platz mit einer kleinen, uralten Kapelle (Agios Giorgos ) und einigen Kafeníons, wo man schön unter schattenspendenen Platanen sitzen kann und einige Männer Kaffee trinken und Tavli spielen. An der Straße geht mein Blick nach rechts und ich sehe, dass die gesamte Ortsdurchfahrt für den Autoverkehr gesperrt ist und, so weit das Auge reicht, 4 Reihen Tische und Stühle aufgebaut sind, alle mit weißen Tischdecken und bunten Blumen gedeckt. Es sind bestimmt 200 Meter und ich kann das Ende der Tischreihen mit bloßem Auge nicht erkennen.

    Einige Meter oberhalb von Arcadia hatte ich noch ein neueres Gästehaus gesehen, finde aber auch da niemanden, den ich ansprechen kann. Vor der Taverne Aetos nebenan macht der bärtige und schwarz gekleidete Wirt gerade den Holzkohle-Grill sauber. Auf meine Frage nach der Zimmervermietung geht er sofort zu einem kleinen, alten Häuschen gegenüber und klopft eine ältere Dame raus, die die Vermietung macht. Leider ist sie auch ausgebucht, aber am nächsten Tag würde ein Zimmer frei und ich könnte dann für 2 Nächte unterkommen (30 €/Nacht). Ich könnte ja eine Nacht im Arcadia bleiben und dann 2 Nächte bei Ihr. Ich sage ihr, dass ich eventuell auf das Angebot zurückkäme.
    O.K., ich gehe wieder zum Arcadia, wo sich auf dem Vorhof unter dem Maulbeerbaum die Hausherrin mit Enkelin und Freundin aufhalten und auf einem Stuhl ein uraltes Mütterchen sitzt, wahrscheinlich die Urgroßmutter. Natürlich schwarz gekleidet und mit schwarzem Kopftuch, das Gesicht winzig klein und zerfurcht, starrt sie aus ihren schwarzen Äuglein vor sich hin und macht den Mund wie ein Fisch permanent auf und zu. Auf quer über den Hof gespannten Wäscheleinen sind einige Saríkis aufgereit, die traditionelle, netzartige Kopfbedeckung der kretischen Männer, die mit den kleinen, in die Stirn herunterhängenden Bommeln die Tränen wegen der jahrhundertelangen Herrschaft und Unterdrückung durch die Türken symbolisieren sollen. Alles Handarbeit und in unterschiedlichen Farben, bisher kannte ich sie eigentlich nur in schwarz.
    Ich starte nochmal einen Anlauf und sage, dass mich nur stören würde, dass das Zimmer kein Fenster hätte, und ob sie nicht vielleicht noch eine andere Möglichkeit hätte. Und sie hat! Eláte! Ich folge ihr wieder die Treppe hoch zum Obergeschoss und noch einen kurzen Treppenabsatz höher zeigt sie mir ein großes Zimmer mit 4 Einzelbetten, kleinem Waschbecken, Tisch und Stuhl und kleinem Fenster, von dem aus man zwar kaum Blick hat, weil es fast unter der Zimmerdecke liegt, aber immerhin. Durch eine verglaste Tür im Zimmer geht es eigentlich zu einem kleinen Flur mit Duschbad, welches die Frau aber 2 jungen Damen aus Heraklion im Zimmer nebenan zur alleinigen Nutzung versprochen habe, die eigens zur Hochzeit angereist seien. Ich müßte also unten das draußen gelegene Bad nutzen. Kavéna próvlima! (Kein Problem!). Ich hätte allerdings auch kein Problem damit gehabt, mir das Bad mit den beiden Mädels zu teilen.

    Mein Zimmer ist also gebongt und ich gehe nochmal mit runter, um mein Gepäck zu holen. Die Einladung zu einem Kaffee nehme ich gerne an und setze mich auf die Holzbank unterm Baum. Das aufgeweckte Mädchen zappelt mit Ihrer Freundin kichernd um mich rum und versucht ein paar Wörter auf Deutsch zu sprechen, die sie schonmal irgendwo aufgeschnappt hat. Dann preist sie mir ganz im Stil einer angehenden Verkäuferin die Saríkis für 10 € das Stück an. Ich gebe ihr zu verstehen, dass ich später bestimmt eins kaufen werde und gehe mit meinem Gepäck auf mein Zimmer, um mich etwas frisch zu machen und dann endlich was essen zu gehen. Als ich wieder runter komme, hocken gleich 3 schwarz gekleidete, total zieliche und uralt aussehende Greisinnen zusammen mit meiner Vermieterin auf dem Hof. Unter ihren Kopftüchern schauen nur faustgroße Gesichter hervor, mit tiefdunklen, kleinen Pünktchen-Augen. Urgroßmutter macht weiterhin nur den Mund auf und zu. Ein unglaublich eindrucksvolles Bild, wie ich es live noch nie gesehen habe. Leider denke ich in diesem Moment nicht daran zu fragen, ob ich ein Foto machen dürfe. Schade!
    Níki, meiner Vermieterin, drücke ich die 75 € für das Zimmer in die Hand und gehe zum Essen in die Taverne Aetos. Hier bin ich um diese Zeit der einzige Gast. Ich setze mich vorne in die Nähe des Eingangs und bestelle bei dem urigen Wirt, dessen Bekanntschaft ich ja bereits gemacht habe, Macarónia Anthótiro (Spaghetti mit geriebenem Ziegenkäse), die im Fohrer als hiesige Spezialität beschrieben werden. Dazu einen Retsina.
    Manólis, der Wirt, ist ziemlich damit beschäftigt, klar Schiff zu machen und schließt schonmal einen Flügel der großen Eingangstür. Heute geht hier im Lokal nichts mehr: Gámos ine!

    Bevor ich bezahle, gehe ich nochmal kurz bis zum hinteren Ende der großen, rustikal eingerichteten Taverne und komme auf eine riesige Terrasse mit fantastischem Weitblick über Anógia hinweg auf das Psilorítis-Gebirge. Als ich mich verabschiede, rät mir der Wirt nochmal eindringlich dazu, heute abend auf die Hochzeitsfeier zu kommen, denn es sei Sitte, dass bei solch einem Fest jeder eingeladen sei, der sich zu diesem Zeitpunkt im Dorf aufhält. Egal, ob Tourist oder sonst wer. Und ich bräuchte keine Hemmungen zu haben, mich an die festlich gedeckten Tische zu setzen und könnte soviel essen und trinken wie ich wollte.
    Noch weiß ich nicht, wie das Ganze wirklich aussehen wird, denn von griechischen bzw. kretischen Hochzeiten habe ich zwar schon gehört, aber noch an keiner teilgenommen. So lasse ich es mal auf mich zukommen.
    Ich gehe zurück auf mein Zimmer, um was zu kramen und zu duschen und mache mich dann noch zu einem Spaziergang auf. Durch die noch unbesetzten Tischreihen hindurch gehe ich am Ende des Ortes eine steile Gasse hinunter und komme auf eine schmale Parallelstraße, die ins Unterdorf Perachóri führt. Im Ortskern komme ich zuerst an einigen kleinen Souvenir-und Schmuckläden vorbei bevor ich die schöne Plátia mit ihren Kafenions, Tavernen und kleinen Läden erreiche, in denen Frauen die für Anógia typischen Schafwollteppiche, Stickereien, Sarikis etc. zum Kauf anbieten. Alles selbstverständlich Handarbeit, wobei man auch als Laie erkennen kann, dass manches mittlerweile auch Massenware aus Fernost ist. Der Ort ist wirklich ein urkretisches Idyll, welches für den Tourismus, insbesondere auch Tagesausflügler, entsprechend aufgehübscht wurde.

    Ich gehe quer über den Platz am Geburtshaus des berühmten Lyra-Spielers Níkos Xiloúris vorbei fast bis zum Ortsausgang Richtung Áxos, kehre wieder um und setze mich auf die Terrasse der ersten Taverne rechts auf der Plátia. Noch bin ich hier der erste Gast, bestelle mir ein Mythos 0,5 l und esse nichts, obwohl mir angesichts der großen Rippenstücke von Lamm und Ziege, die bereits auf dem Flammengrill brutzeln, das Wasser im Mund zusammenläuft. Aber ich bin ja schließlich noch zum Festtagsschmaus auf die Hochzeit eingeladen und will mich jetzt nicht schon satt essen.
    Ich verbringe eine ganze Weile hier, habe auch WLan-Empfang, um über Whatsapp ein Lebenszeichen von mir in die Heimat zu schicken, und mache mich in der Dunkelheit wieder gen Oberdorf auf. Als ich zahlen will, winkt der Wirt ab: Das Bier geht auf´s Haus!
    Efcharistó pára polí!
    Ich hatte zwischendurch von ihm erfahren, dass er jeden Abend das Fleisch vom Flammengrill anbieten würde und er hatte bestimmt gerochen, dass ich nicht nur auf der Durchreise war. Deshalb durfte er auch damit rechnen, dass ich wiederkommen würde.
    Nichts gegen kretische Gastfreundschaft, aber es ist nunmal so, dass gerade in den Touristenorten, vor allem an der Küste, wo die vielen Tavernen um die Gäste buhlen, ein unglaubliches Gespür dafür besteht, ob neue Kunden nur Eintagsfliegen sind oder sie sich für 2-3 Wochen einnisten. Jedenfalls werden sie beim ersten Besuch extrem verwöhnt und es wird ihnen das ein oder andere Getränk ausgegeben. Man gibt den Kunden das Gefühl, dass sie ungeheuer symphatisch und was Besonderes sind. Der Grund ist aber eher der, dass man versucht, neue Stammgäste für den jeweiligen Aufenthaltszeitraum zu zu gewinnen.
    Aber wie sagt der Franzose: Honi soit, qui mal y pense! Ein Tor, der Böses dabei denkt! Denn Klappern gehört nunmal zum Handwerk, und besser freundlich und zuvorkommend, als das Gegenteil.

    Ich gehe ein schmales Sträßchen mit langer Steigung parallel zum Oberdorf hoch und biege dann links in das Labyrinth von steilen, verwinkelten Gassen hoch zum Ortszentrum ab. Oben in Armi angekommen, stehe ich plötzlich mitten im Gewühl der Hochzeitsfeier. Die Tischreihen sind voll besetzt und durch die Menge von Leuten gibt es kaum ein Durchkommen. Geschätzt sind es weit mehr als 2000 Gäste. Ich stehe zufällig genau auf der Ecke einer Art Schlachterei, aus der Horden von Helfern in weißen Hemden und schwarzen Hosen am laufenden Band riesige Holztabletts, hoch gefüllt mit Fleischbergen, durch die Tischreihen jonglieren. Ich kann in der Ferne nicht erkennen, ob die hunderte Meter lange Fressmeile auch vom Ende her mit Fleisch versorgt wird. Es sieht mir eher so aus, dass die Fleischtransporteure eine Kette bilden, um auch die hintersten Tische bedienen zu können. Alles geht sehr schnell, aber irgendwie geordnet zu, und man scheint Routine darin zu haben, diese logistische Herausforderung zu bewältigen. Leider kriege ich nicht raus, wie diese Unmengen von Schaf-und Ziegenfleisch zubereitet wurden. Ich kann mir nur vorstellen, dass sie tagsüber in riesigen Öfen gebacken und dann nur noch irgendwie warm gehalten wurden. Man darf sich jetzt nicht vorstellen, dass es sich um schön angeordnete Lammkarrées o.ä. handelte, sondern eher um grobschlächtig zerhackte Tierhälften. In dem verglasten Eingangsraum der „Fleischfabrik“ sind die Frauen damit beschäftigt, aus großen Plastik-Bottichen wie am Fließband griechischen Salat und Schafskäse mit der Hand auf Teller zu klatschen, die dann mit Brot zu dem Fleischgelage serviert werden. Darüberhinaus natürlich große Mengen Tsatsiki.
    Auf den Tischen sind ca. alle 2 Meter jeweils 1 große Flasche Cola, Wasser und Roséwein angerichtet.

    Am nächsten Tag frage ich Niki, meine Vermieterin, wieviele Tiere denn für dieses Gelage hätten dran glauben müssen, und sie schätzt, dass es mindestens 200! gewesen sein müssen.
    Anógia und Umgebung ist auf Kreta ein Zentrum der Schaf-und Ziegenzucht, und da kommt es wohl auf 200 Tiere mehr oder weniger nicht an.

    Vor einer Apotheke schräg gegenüber ist eine hohe Bühne aufgebaut, auf der eine Gruppe von 7 Musikern für den musikalischen Teil des Abends sorgen. Sie sitzen nebeneinander auf Stühlen und spielen vorwiegend die traditionellen kretischen Mantinades, eine Art Sprechgesang, in dem alltägliche Geschichten erzählt werden. Die Lyra- und Laouto-Spieler wechseln sich in Ihrem Gesang ab, und die Stücke zeichnen sich durch eine immer weiter steigernde Geschwindigkeit aus, die in einem unglaublichen Tremolo gipfelt, welches nie aufzuhören scheint und dann plötzlich und schlagartig verstummt.
    Einige Lieder kenne ich von Auftritten eines Laouto( „Lout“ )-Spielers in Lentas namens Antónis Germanákis , dessen kürzlich verstorbener Großvater Michális Daskalákis von der Taverne Méltemi auch ein guter Lyra-Spieler und Sänger war.

    Vor der Bühne tanzen die Leute Ihre kretischen Tänze. Viele Männer sind traditionell festlich gekleidet, ganz in schwarz und mit weißen Saríkis um die Schultern. Mir fällt auf, dass ich der einzige Mann bin, der hier in Shorts herumläuft, für die Einheimischen wahrscheinlich ein absolutes „No go“.
    Ich bin von den ganzen Eindrücken derart fasziniert, dass ich mich bestimmt eine Stunde lang kaum vom Fleck rühre und noch nicht einmal ans Essen und Trinken denke, denn davon steht Einiges herum und ich bräuchte nur zuzugreifen. Erst nach einer Weile denke ich daran, zumindest ein paar Handyfotos von der Szenerie zu machen, die wegen der Lichtverhältnisse allerdings nicht besonders gut werden.
    Natürlich sind das Momente, die man dann doch gerne mit jemandem teilen würde. Aber so teile ich sie eben mit mir selbst und denke, wie gut, dass ich bei meiner Ankunft vor ein paar Tagen in Heraklion den Bus direkt nach Anógia verpasst habe.

    Langsam bewege ich mich ein wenig durch die Menge und sehe einen schwarz gekleideten, stattlichen, dicken Popen da stehen, der das Treiben mit zufriedener Miene verfolgt. Er kommt mir sofort aus einer kürzlich gesendeten „Wunderschön“-Folge „Kreta“ aus dem 3. Programm bekannt vor, in der die Moderatorin im benachbarten Zonianá einen Popen zur Waffen-Narretei interviewt. Ich fasse mir ein Herz, ihn darauf anzusprechen, aber er sagt, dass er schonmal von der englischen BBC interviewt worden sei und er es nicht sein könne, es müsse sein Kollege in Zonianá gewesen sein. Er sei der Pope von Anógia. Ich solle mich doch hinsetzen und essen und trinken.
    Ich hätte schwören können, dass er es war, den ich im TV gesehen hatte.

    Ich folge schließlich der erneuten Aufforderung und gehe wieder zu den mittlerweile etwas gelichteten Tischen hin. Eine nette Frau schüttet mir auf meine Frage hin, ob das farbige Getränk vor ihr Wein sei, ein Glas 0,2 randvoll und prostet mir freundlich zu: Jámmas!
    Ich mache mich ein wenig Abseits und etwas unsicher an die noch üppig vorhandenen, appetitlichen Keulen - und Rippenstücke ran. Viel esse ich nicht, weil mir von dem inflationären Fleischangebot der Appetit fast vergangen ist und ich trinke über den ganzen Abend mal gerade dieses eine Glas Wein. Wer mich kennt, weiß, was das heißt.
    Langsam holen sich die Leute auch Ihren Nachtisch, Risógalo, ich glaube auch einfach Pilawi o.ä. genannt, einen Milchreis. Nicht mein Ding.
    Es ergibt sich nicht, dass ich mit einer Gruppe, größtenteils Familien, ins Gespräch kommen, lege es aber auch nicht drauf an, weil ich mich lieber noch was bewegen möchte. Ich gehe langsam wieder durch die Menge in Richtung meines Domizils. Auf der Straße hinter der Tanzfläche hoch sind noch meterweit Bankreihen aus Holz aufgestellt, die voll mit überwiegend jungen Männern besetzt sind. Ich zwänge mich durch die Gasse in der Mitte und setze mich noch was dazu. Dann beobachte ich, wie das Gelage allmählich in archaische Welten abdriftet. Der Rakí fließt natürlich in Strömen, und die „echten Kerle“, die natürlich ihre eigenen Messer in allen möglichen Formen dabeihaben, holen sich einer nach dem anderen Nachschub in Form von riesigen Rippenschalen Lamm und Ziege, zerteilen diese in professioneller Manier auf Ihren Oberschenkeln und verteilen sie unter ihren Freunden. Der Boden und überhaupt alles ist übersät mit Gerippe, an dem noch soviel Fleisch hängt, dass die ganze Gesellschaft davon nochmal satt werden könnte. Das Ganze gipfelt schließlich darin, dass einige Männer aufstehen und, mit harfenähnlichen Rippenstücken, die sie wie Trophäen in die Luft strecken, triumphierend in Richtung Tanzfläche ziehen.
    Bald werde ich bettschwer und denke, dass es besser ist, zu gehen, wenn´s am schönsten ist, und mache mich zu meinem nur wenige Meter entfernten Zimmer auf. Ich glaube, ich habe genug, mehr brauche ich nicht und ich versuche zu schlafen. Gegen 4 Uhr wache ich aus meinem Halbschlaf auf und höre laute Gewehrsalven.
    Morgen geht’s zufuß nach Zonianá.
    Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	K800_20160820_190537.JPG
Hits:	533
Größe:	162,1 KB
ID:	87448Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	K800_20160820_210618.JPG
Hits:	440
Größe:	135,9 KB
ID:	87449Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	K800_20160820_210625.JPG
Hits:	440
Größe:	122,7 KB
ID:	87450Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	K800_20160820_210758.JPG
Hits:	435
Größe:	111,3 KB
ID:	87451Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	K800_20160820_210825.JPG
Hits:	459
Größe:	104,1 KB
ID:	87452Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	K800_20160820_211525.JPG
Hits:	412
Größe:	106,4 KB
ID:	87453Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	K800_20160820_212731.JPG
Hits:	439
Größe:	131,4 KB
ID:	87454Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	K800_20160820_214813.JPG
Hits:	407
Größe:	75,4 KB
ID:	87455Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	K800_20160820_231218.JPG
Hits:	434
Größe:	69,2 KB
ID:	87456Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	K800_20160820_234018.JPG
Hits:	421
Größe:	123,8 KB
ID:	87457Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	K800_20160820_235047.JPG
Hits:	402
Größe:	126,4 KB
ID:	87458
    Geändert von belgofritz (21.January.2017 um 15:28 Uhr)

  25. #65
    Registriert seit
    1.February.2016
    Beiträge
    31

    Standard

    wieder mal wunderschön beschrieben,das warten hat sich gelohnt

  26. #66
    Registriert seit
    25.May.2005
    Ort
    Bayern
    Beiträge
    1.004

    Standard

    Belgofritz >> DANKE!!!! Auch die Bilder gefallen mir sehr.
    Wie schön, daß Du so unverhofft in eine Hochzeitsfeier geraten bist und dazu noch in eine so große.
    Die Faszination und das Innehalten dabei kann ich so gut nachvollziehen.
    Grüße Insel

  27. #67
    Registriert seit
    23.July.2012
    Ort
    Basel
    Beiträge
    5.303

    Standard

    So ein schöner langer Bericht , vielen Dank! Hast du dir unterwegs Notizen gemacht oder schreibst du alles aus deinem Gedächtnis heraus?
    Η Κρήτη βρίσκεται στην καρδιά μου

  28. #68
    Registriert seit
    5.September.2013
    Ort
    Hamburg & Drapanos-Halbinsel (Apokorónas)
    Beiträge
    2.719

    Standard

    Kalimera, eine Doku über Anogia: https://www.youtube.com/watch?v=VpTYQIOP2RA

    Hochzeit in Anogia: https://www.youtube.com/watch?v=C5d7BBVQXoU

    schönes Wochenende, kv

  29. #69
    Registriert seit
    10.August.2012
    Ort
    wieder in NRW
    Beiträge
    2.447

    Standard

    Danke für die eindrucksvolle Schilderung und die Fotos, Belgofritz.

    Ich durfte schon an mehreren kretischen Hochzeiten Gast sein und mich haben diese riesigen "Fleischberge" auch eher abgeschreckt und ich konnte nichts oder nur ganz wenig davon essen, obwohl ich wirklich ein "Fleischfresser" bin. Aber man zeigt hier eben gerne, was man sich leisten kann. Außerdem ist es üblich dem Brautpaar ein kleines Kuvert mit entsprechend Geld als Geschenk zu übergeben, damit sie nach der Hochzeit nicht auf den vielen Schulden sitzen bleiben. Da kommt dann schon einiges zusammen.

    Ein nach Metzgerkunst zugeschnittenes Stück Fleisch ohne diese vielen zersplitterten Knochen ist mir auf jeden Fall lieber!

    Aber man sollte so eine große Hochzeit mal erlebt haben - vg krassi

  30. #70
    Registriert seit
    17.March.2016
    Ort
    Fellbach
    Beiträge
    564

    Standard

    Auch von mir vielen Dank für die Fortsetzung des Reiseberichtes. Deine "Schreibe" ist wunderbar ��

    Schönes Adventswochenende

    Angelika

  31. #71
    Registriert seit
    2.April.2016
    Ort
    Pfalz an der Grenze zum Saarland, gerne auch in Doraki
    Beiträge
    68

    Standard

    Vielen Dank Belgofritz, wenn ich deine Erlebnisse lese, meine ich ich wäre in Kreta sehr schön die Hochzeit. Ich warte schon auf deinen nächsten Bericht. Vorerst wünsche ich dir ein Frohes besinnliches Weihnachtsfest.
    LG Renate

  32. #72
    Avatar von Inke
    Inke ist offline πάρτε με πάρτε με στην Κρήτη
    Registriert seit
    28.March.2008
    Ort
    Im schönen Rheinhessen
    Beiträge
    1.663

    Standard

    Das Lesen Deines Berichtes hat ein wenig Sonne in diesen trüben Tag gebracht. Danke!
    Inke


    Lasst uns immer in den großen Traum des Lebens
    kleine bunte Träume weben

  33. #73
    Registriert seit
    28.April.2008
    Ort
    aachen
    Alter
    66
    Beiträge
    49

    Standard

    Liebe Leute,

    freut mich, dass Ihr meinen Reisebericht gerne verfolgt, trotz der langen Pausen!

    Für Kiki: Ich schreibe nur aus der Erinnerung, schriftliche Notizen hab ich mir nicht gemacht.

    Viele Grüße an Alle!

    Belgofritz

  34. #74
    Registriert seit
    24.July.2012
    Beiträge
    941

    Standard

    Ein wirklich beachtliches Gedächtnis.
    Liebe Grüße
    Pezl

  35. #75
    Registriert seit
    26.May.2005
    Ort
    Exopolis - Kreta - Geb. HH
    Alter
    68
    Beiträge
    5.655

    Standard

    Hervorragende Schilderung, und Bild Nr1 nominiere ich für das "Guinnesbuch der Rekorde".
    Danke, Belgofritz!

  36. #76
    Registriert seit
    12.June.2010
    Ort
    Stuttgart
    Alter
    48
    Beiträge
    127

    Standard

    @belgofritz - Danke für den super Reisebericht, bekomme wieder Kreta Fernweh...

  37. #77
    Registriert seit
    28.April.2008
    Ort
    aachen
    Alter
    66
    Beiträge
    49

    Standard

    Habe gerade festgestellt, dass in meinem Beitrag vom 16.12.16 plötzlich ein ganzer Abschnitt verschwunden ist. Keine Ahnung, wie das passieren konnte. Habe ihn jetzt aus meinem Textverarbeitungsprogramm wieder reinkopiert. Sonst ergibt der Ablauf keinen Sinn.
    Es geht um die Zimmersuche bis zum Abschnitt: "Mein Zimmer ist also gebongt......"

    Bald geht es weiter....

    Grüße
    Belgofritz

  38. #78
    Registriert seit
    23.July.2012
    Ort
    Basel
    Beiträge
    5.303

    Standard

    "Bald geht es weiter...."

    Das wäre super !!

    Grüsse
    Sabine
    Η Κρήτη βρίσκεται στην καρδιά μου

  39. #79
    Registriert seit
    25.May.2006
    Ort
    Oberösterreich
    Alter
    76
    Beiträge
    684

    Standard

    hallo belgofritz....DANKE für deinen reisebericht bis heute. ich habe jetzt alles auf einmal nachgelesen...bei einem österreichischen kaffee...einer leisen hintergrundmusik...rauhreif auf den bäumen im garten...und mit google earth im anschlag.
    ich finde deinen bericht total unterhaltsam...auch zum schmunzeln, wenn ich an die augenbrauen vom herrn weigel denke...oder an diverse andere schilderungen und vergleiche.
    ich bin auch für meinen mann, der seine zeitung liest unterhaltsam...weil ich immer wieder laut auflache oder meine komentare halblaut abgebe.
    jetzt warte ich natürlich ungeduldig bis es weiter geht..."bald gehts weiter", hast du uns ja zugesagt!

    lieben gruß aus österreich
    herlinde

  40. #80
    Registriert seit
    28.April.2008
    Ort
    aachen
    Alter
    66
    Beiträge
    49

    Standard

    Nach dem Aufwachen bleibe ich noch eine Zeit liegen, um erstmal zu realisieren, was gestern war und wo ich eigentlich bin.
    An dem Heizkörper deutschen Fabrikats sehe ich, dass das Haus eine Zentralheizung hat, was ich an der Südküste, wo ich bisher immer Urlaub gemacht habe, noch nie gesehen habe. Wegen der Lage ca. 800 m ü.NN ist das wohl nötig und ich denke, dass es nicht nur im Winter sondern auch in den Übergangszeiten Frühling/Herbst schonmal ziemlich kalt werden kann.
    Die dünnen Rohre, die über Putz zu dem Heizkörper führen, kommen in der gegenüberliegenden Wand an und sind in abenteuerlicher Weise über Wände und Decke verlegt. So als ob man mit Gewalt versucht hätte, sie bloß nicht gerade zu verlegen. Der Raum ist mindestens 3 Meter hoch und man sieht, dass das Haus schon etliche Jährchen auf dem Buckel hat. Der Wand u. Deckenputz scheint schonmal zum großen Teil runtergefallen zu sein, ist aber neu, weiß gestrichen worden. Es scheint, als habe man mit dem Quast solange literweise Farbe an die Wand geklatscht, bis die fehlenden und losen Putz-und Farbstellen genügend verklebt waren und nicht mehr abfallen konnten. Wie ich es aus vielen alten Häusern kenne, würde es dem (Do it yourself-) Anstreicher niemals in den Sinn kommen, irgendwelche Einrichtungen abzuhängen oder gar abzukleben, sondern, was im Weg ist, wird mitgestrichen. Sei es auch der Spiegel mit Ablage über dem Waschbecken (und dieses selbst) oder Lichtschalter, Steckdosen und Fensterrahmen. Es ist den Leuten schlichtweg egal und es würde niemand auf die Idee kommen, danebengegangene Farbe vielleicht auch noch abzuwischen!
    Ich muss gestehen, dass ich zuhause in diesen Sachen schon etwas empfindlich und perfektionistisch bin. Es fällt mir allerdings auch nicht schwer, exakt zu arbeiten. Aber wie schon erwähnt, kenne ich es von hier nicht anders und es muss so sein. Irgendwie spielt auch ein bisschen Bewunderung mit, dass einfach kein Wert auf solche Äußerlichkeiten gelegt wird, und man sich somit auch nicht darüber aufregen muss. Vielleicht macht es das Leben einfacher. Das Gleiche gilt im Übrigen auch für die Klamotten, mit denen du ankommst (es sei denn, du bist Gast im Elite-Resort...)

    Als ich mich im Badezimmer draußen auf dem Treppenabsatz frisch mache, wird das Ganze noch getoppt. Eine mit unisolierten Lüsterklemmen geflickte Stromleitung hängt schaukelnd im Duschbereich und Heiz- u. Wasserleitungen sind kreuz und quer verlegt. Die überaus aparten Blümchenfliesen, Sitzbadewanne mit Duschvorrichtung und die losen Armaturen sind in einem schlechten Zustand. Als Kontrast hierzu steht in der Ecke des kleinen Raumes eine neuwertige Waschmaschine auf der aller möglicher Toiletten-Krimskrams steht, der wohl von den Hauseigentümern genutzt wird. Das Wichtigste liegt für mich bereit: Ein großes Badetuch, ein Handtuch, Klopapier. Angebrochenes Duschgel steht genügend herum. Ich hänge mein Kulturbeutelchen an einen Handtuchhaken und markiere damit meine Badezimmer-Mitnutzung für die nächsten 2 Tage.
    Frisch geduscht brauche ich erstmal einen starken Kaffee und gehe mit meiner angebrochenen Dose Neßcafé aus Ligaría nach unten, wo sich unterhalb des Treppenbereichs die kleine, überdachte Außen-/Innenküche befindet. Ich begrüße eine junge Frau ca. Anfang 30, die die Tochter der Vermieterin zu sein scheint und frage sie, ob ich mir einen Kaffee machen könne. Kommt natürlich nicht infrage, sie macht ihn mir: Glikó chorís gála ( schwarz mit Zucker, ohne Milch). Ich setze mich wieder auf die Bank unter die Platane und wir wechseln einige Worte. Außer ihr sehe ich niemanden im Haus, aber ich habe jetzt die Bekanntschaft von 4 Generationen gemacht: Urgroßmutter, Großmutter, Mutter und Töchterchen.
    Geändert von belgofritz (11.February.2017 um 13:32 Uhr)

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •