Hallo zusammen,
hier ein erster Reisebericht von uns :biggthump .
Jedes Jahr kehren wir für ein paar Tage unserem Hauptquartier den Rücken und erkunden eine andere Gegend der Insel.
In diesem Jahr haben wir uns mit Maroulas-Martin verabredet, um gemeinsam einige Ausflüge an der mittleren Nordküste zu unternehmen. Eigentlich kennen wir diese Gegend schon recht gut, aber es gibt dort auch immer wieder etwas Neues zu entdecken und zu erleben.
Wir sitzen also am Abend mit Martin zusammen und stellen ein Programm für die nächsten Tage auf. Martin reagiert zunächst etwas irritiert auf die Ansage, am nächsten Tag gegen 7.30 Uhr, also zu auf Kreta nachtschlafener Zeit einen Ausflug zu starten, aber man arrangiert sich, schließlich sind wir ja keine Unmenschen und außerdem im Urlaub.
Der Abend zieht sich dann etwas länger hin als geplant, weil man immer wieder auf interessante und bemerkenswert merkwürdige Menschen trifft und die Unterhaltung ihren Lauf nimmt. So lernen wir beispielsweise einen Radiomoderator kennen, der hauptsächlich Nachtprogramm veranstaltet, und zwar von Mitternacht bis um 3.00 Uhr und dann hat er anderntags von 3.00 Uhr bis in die Früh Sex oder so. Jedenfalls reißen uns seine unbeabsichtigt doppeldeutigen Formulierungen mehrfach zu Begeisterungsstürmen hin, die ihn dann immer wieder in einiges Erstaunen versetzen,
worüber wir uns dann neuerlich amüsieren. Nun, auch ein lustiger Abend geht irgendwann einmal zu Ende.
Am nächsten Morgen lassen wir uns dann doch vom Wecker aus dem Schlaf reißen, gehen noch vor dem Frühstück zum Strand, um das ägäische Meer zu begrüßen.Die Ägäis wettert ganz ordentlich, meterhohe Wellen schlagen an den Strand, der Wind treibt dicke Wolken vor sich her, die sich schließlich in den kretischen Bergen verfangen.
Was soll’s, das Wetter kann man sich nicht aussuchen, es kommt einem auf Ausflügen ja auch eher gelegen, wenn man sich nicht ununterbrochen der mediterranen Sonne ausgesetzt sieht.
Wir sitzen noch beim Frühstück und sinnieren, was der Tag wohl so bringen wird, als Martin urplötzlich in voller Montur auf der Matte steht: „Was ist, gehen wir heute in die Prassano-Schlucht, oder was?“ Die Prassano-Schlucht, die Einheimischen nennen sie Mabama, zieht sich von einem Hochtal südlich von Rethymno, in dem ein großer Stausee angelegt wird, an Prassies vorbei, daher auch der offizielle Name, durch den Berg nach Norden bis hinunter nach Rethymno. Wir sind sofort dabei. Zunächst wird aber erst einmal in einer kafenioreifen Diskussion die beste Lösung für die An- und Abfahrt zur Schlucht ausbaldowert. Martin ist mit dem Roller unterwegs, da seine Bärbel heute das Auto braucht, was zu Schwierigkeiten in der Planung führt, weil unser Jeep, Martins Roller, wir drei Leute und die geplante Strecke nicht so recht zusammenpassen wollen. Zu guter Letzt wirft Martin Bärbel per Telefon aus dem Bett. Sie kann für unser Problem durchaus Verständnis aufbringen und steht tatsächlich eine Viertelstunde später mit dem Auto vor dem Hotel, um uns zum Schluchtausgang zurück zu fahren, nachdem wir unseren Jeep am Schluchteingang hinter dem Berg in der Nähe des neuen Staudamms abgestellt haben.
Wir steigen in die Schlucht ein und wandern gemessenen Schrittes nach oben.
Martin hat sich eine Wasserflasche zur persönlichen Begleitung auserkoren, mein Angebot, dieselbe in unserem Rucksack zu transportieren, lehnt er standhaft ab, um nicht in die Lage zu geraten, irgendwann als Ausgleich den ganzen Rucksack schleppen zu müssen. Die Wasserflasche wird während der Tour durch die Schlucht einige unkonventionelle Transportmethoden über sich ergehen lassen, insbesondere, wenn wir uns beim Klettern beider Hände bedienen müssen.
Martin löst dieses Problem mit fast schon kretischem Improvisationstalent.
Nach ein paar und hundert Metern beobachten wir Bauarbeiter, die einen Tunnel in den Berg bohren. Dieser Tunnel ist Teil einer Wasserleitung vom Staudamm nach unten. Langsam entfernen wir uns von der Baustelle, der Baulärm verhallt irgendwann, um uns herum nichts als Gegend. Umgeben von grandioser Natur über den Sinn des Lebens philosophierend, steigen wir die Schlucht hinan.
Unterwegs bewaffnen wir uns mit langen Bambusstangen, die wir in der Schlucht finden, und die uns beim Übersteigen größerer Felsbrocken noch gute Dienste leisten sollen. Martin ist mit seiner Bambusstange nicht so recht zufrieden, sie erweckt -eigentlich zu Unrecht- nur wenig Vertrauen in ihm ob ihrer Brauchbarkeit, und so ersetzt er sie wenig später durch einen derben Ast, der für unser Vorhaben zwar auch gut zu gebrauchen, aber doch bedeutend schwerer zu handhaben ist.
Unterwegs gibt es immer wieder schwierige Passagen zu meistern, es müssen Felsbrocken vom Ausmaß eines Hauses umgangen oder überklettert werden. Mit vereinten Kräften bewältigen wir alle Schwierigkeiten, allerdings meist erst nach einer Pause, weil Anja vor ihrem geistigen Auge die Kletterei durchspielt und über die Methoden, Felsbrocken zu überwinden, die uns den Weg versperren, regelmäßig in Gelächter ausbricht. Vermutlich stellen sich Welpen, die zum ersten Mal das Dach der Hundehütte erklimmen, gescheiter an als wir. Die Geier, die über der Schlucht kreisen, sollen aber an uns keine leichte Beute haben, und so arbeiten wir uns langsam, aber sicher vorwärts in Richtung Schluchteingang.
Kurz vor dem Ziel, die schwierigsten Passagen liegen bereits hinter uns, verabreicht uns ein kretischer Platzregen eine Dusche. Einigermaßen erfrischt, ist der letzte Anstieg bis zu unserem Auto eigentlich nicht mehr der Rede wert.
Es ist erst Mittag, also noch viel zu früh, den Tag jetzt schon zu beenden. Martin schlägt vor, nicht auf der Straße nach Maroulas zurückzufahren, sondern unseren Stoppelhopser ein wenig zu fordern und den direkten Weg über den Berg zu nehmen. Die Einwände von Anja bezüglich unbefestigter Strecken werden von uns Männern geflissentlich überhört, und so begeben wir uns auf die Suche nach der Einfahrt ins Off-Road-Abenteuer. Wie das Leben so spielt, Kreta verändert sein Gesicht ständig, wir finden die bekannte Einfahrt nicht, also nehmen wir eine andere. Es wird schon werden, schließlich führen alle Wege nach Rom oder eben nach Maroulas. Weit gefehlt, wie sich herausstellt.
Nachdem wir etwa eineinhalb Stunden auf Wegen unterwegs waren, die die Technik unseres Suzuki ganz ordentlich forderten und meine Fahrkünste in puncto Off-Road bedeutend erweiterten, ohne ein greifbares Ergebnis in Richtung Maroulas zu erzielen, entschließen wir uns dann doch, abzubrechen und die Straße zu nehmen. Schließlich hat Martin ja auch noch eine Aufgabe, er gibt abends den Conciérge im Hotel.
Nach ein paar Kilometern Straße fällt es Martin wie Schuppen von den Augen, wir waren die ganze Zeit hinter der neuen Staumauer unterwegs, der Weg nach Maroulas zweigt aber eben davor ab. Also wieder hinein ins Gelände und guten Mutes bergan. Nach der eben durchlebten Tortur für Auto und Insassen entpuppt sich dieser Weg eher als Kinderspiel, es tun sich aber wunderbare Aussichten in die Landschaft auf.
Wo viel Licht ist, gibt es aber auch Schatten, in besonders hellem Licht zeichnen sich diese Schatten sehr scharf ab. Unser Weg führt uns nämlich auch über die Müllkippe von Rethymno, und so haben wir Gelegenheit, die Kehrseite der Medaille aus nächster Nähe erleben zu dürfen, genug Stoff, um Abende lang über kretische Müllentsorgungskonzepte zu diskutieren. Wir lassen die Müllkippe hinter uns, rollen den Berg hinunter, an der Taverne „Fantastico“ vorbei, mit einer bekannten, aber immer wieder grandiosen Aussicht über die Küstenebene von Rethymno neigt sich ein erlebnisreicher Tag dem Ende entgegen.
VG Thomas
Die Fotos:
1. Ägäisches Meer am Morgen,
2. Martin und die Wasserflasche am Schluchteinstieg,
3. Es geht los,
4. Es wird etwas schwieriger,
5. Martin und sein Knüppel, wo ist wohl die Wasserflasche? :)
6. Impressionen,
7. noch mehr Imressionen,
8. Martin zeigt Geiernester,
9. Ruhepause,
10. Welches Geschlecht hat dieser Baum und wo ist Martin geblieben?
PS.: Jetzt hoffe ich nur noch, daß Martin seine Fotos auch beisteuert.