Wir setzten uns in aller Frühe Richtung Zaros in Bewegung. Clever, wie wir waren, ließen wir das Auto aber nicht in Zaros stehen, sondern fuhren bis zum Kloster Agios Nikolaos, um dort mit unserer Wanderung zu beginnen.
Wie das Leben so spielt, hatten wir mal wieder die Rechnung ohne die lieben Kreter gemacht. Am Kloster ist nämlich die Bauwut ausgebrochen und der Einstieg zum Schluchtwanderweg, den wir von einem früheren Besuch kannten, ist schlicht einer riesigen Baugrube zum Opfer gefallen.
Was tun? Entweder zurück nach Zaros fahren oder aber zunächst den Fahrweg hinaufstiefeln? Wir entschieden uns dann doch für Letzteres, irgendwo wird schon ein Weg in die Schlucht führen. Siehe da, in einer Kehre der Piste zweigte ein Weg in die Schlucht ab. Dieser entpuppte sich aber nach einigen und hundert Metern als abschüssiger Ziegenpfad, der uns untrainierten Gelegenheitswanderern den Schweiß auch ohne Sonne aus allen Poren getrieben hätte. Also kehrten wir um und folgten weiter dem Fahrweg.
Weiter oben kreuzten sich dann doch noch Wanderweg und Piste, der Aufstieg in der Schlucht begann. Umgeben von grandioser Natur stellten wir jedoch immer wieder fest, daß die beschriebenen Wegpunkte erst Stunden später in der Ferne auftauchten. Wir waren zeitweise kurz davor, unsere Reiseliteratur der Schlucht zu übergeben und umzukehren. Schließlich erreichten wir nach tagelanger Wanderung doch noch glücklich das Kirchlein Agios Jannis.
Nach ausgiebiger Rast, die durch die dort oben lebenden Ziegen recht kurzweilig geriet, begaben wir uns auf den Rückweg. Jetzt fand sich auch die Zeit, den einen oder anderen Eindruck der Schlucht im Bild festzuhalten.
Wieder an der Kreuzung von Fahr- und Wanderweg angekommen, entschlossen wir uns auf mein zahlreiches Votum, nicht den Fahrweg nach unten zu nehmen, sondern dem Wanderweg zu folgen, um auch noch den unteren Teil der Schlucht kennen zu lernen. Am Kloster angekommen, stellte sich die Frage, wie wir zum Ausgangspunkt der Tour zurückfinden. Wer den Weg kennt, weiß, daß dieser hinter dem Kloster die Schlucht quert und dann vom Kloster weg nach Zaros führt. Wer den Weg nicht kennt, fährt dann entweder mit dem Taxi zurück zum Auto oder er klettert so wie wir über die Steine durch das Flußbett, um zu einem schmalen Gang an der unteren Klostermauer zu gelangen, der uns letztlich über den Klosterhof wieder zum Auto führte. Ziemlich fertig, aber doch glücklich, es geschafft zu haben, kamen wir am Nachmittag wieder am Ausgangspunkt an.
Ein wunderschöner Urlaubstag neigte sich seinem Ende.
Kleine Anmerkung am Rande: Wer die Schlucht nicht als sportliche Herausforderung sieht oder durchrennt, um "sie mal gemacht zu haben", sondern die Natur genießen möchte, sollte für den Aufstieg bis zur Kapelle Agios Jannis etwa 3 bis 3,5 Stunden einplanen und sich auch für den Abstieg 2 bis 2,5 Stunden Zeit nehmen.
Thomas