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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Mit dem BEV über Italien nach Kreta



renardo
28.July.2024, 14:48
Vorab, das klappte ziemlich problemlos und auch die Mobilität hier auf Kreta ist denkbar einfach.
Gestartet sind wir im Rhein-Main-Gebiet, wie üblich an einem Mittwoch Mittag. Bis zum frühen Abend schafften wir es, auch mit dem BEV, zu unserer bevorzugten Übernachtungsstätte in Andermatt in der Schweiz. Da wir Ancona-Patras für Freitag (Abfahrt) gebucht hatten, blieb uns noch eine weitere Übernachtung, diesmal in San Marinos Altstadt, übrig. Mit dem BEV durch Deutschland, die Schweiz und durch Italien zu fahren ist natürlich mittlerweile völlig problemlos möglich und so hat uns auch die neueste Regelung, dass man mit dem BEV auf griechische Fähren nur Noah mit maximal 40% SOC gelassen wird, die erste Herausforderung beschert.
Unsere Fähre (Ariadne) mussten sie irgendwie getauscht haben, denn die befand sich in Piräus (lt. MarineTraffic), Abfahrt wäre planmäßig um 14:00 gewesen, gegen 12:25 waren wir in Ancona am Ticketschalter und da war die Überraschung groß, denn es hieß, wir mögen uns beeilen, wir würden heute mit der Lefka Ori fahren und zwar um 13:00, also etwa in einer halbe Stunde. Später sollte ich die SMS Nachricht der ANEK-SFFvon Anfang Juli ungelesen auf meinem SmartPhone finden!!! Blöderweise hatte ich etwas Reserve geladen, die ich in der Sonne am Hafen problemlos über die AC verbrauchen wollte.
Wir waren also paar Minuten später am Gate und bei der Kontrolle am Schiff wollten sie unsere 44% SOC nicht akzeptieren, haben uns aber angeboten, dass wir die überzähligen Prozente auf dem großen Parkplatz abfahren dürfen, es wäre noch etwas Zeit. Der Parkplatz war bis auf 2 LKW und einem PKW leer, und ich habe die Kiste gequält und bin mit quietschenden Reifen und ständigen Vollbeschleunigungen meine Runden gefahren. Natürlich war ganz schnell die Polente da und wollte das unterbinden, ich konnte ihnen das aber erklären und sie ließen mich machen.
Nach etwa 10 Minuten waren wir auf 40% SOC, alle haben den Daumen gehoben, als wir jetzt zur Fähre gerollt sind, aber kontrolliert hat das jetzt keiner mehr mit den 40% SOC.
Dafür hat sich ein älterer Landsmann beschwert, dass er nichts von dieser Regelung wusste, er wäre mit 70% SOC hier angekommen und sie würden ihn hier voll stehen lassen. Naja, war eigentlich überall zu lesen ….
Auf der Fähre haben sie mich direkt neben der Ladeklappe parken lassen, und im Hafen von Patras wurde ich ausgerufen und vor allen anderen auf das Parkdeck geschickt, ich soll als erster mit meinem Auto von der Fähre fahren. Lademöglichkeiten hatten wir genügend erspäht in Patras und da ich den Weg kannte und niemand vor mir rumirrte oder rumschlich , waren wir ziemlich flott vor 15:30 an unserer favorite Ladestation mit 2x 300 kW, an einem Supermarkt, voll klimatisiert, mit Kaffee im OG und bestem Ausblick direkt auf die Rio-Andirrio-Brücke.
Da wir mit 800V Technik laden, hatten wir den Kaffee kaum ausgetrunken, als die Meldung per App reinkam, die 80% wären erreicht.
In Kiato, kurz vor Korinth, sind wir kurz von der Autobahn runtergefahren, dort soll es ebenfalls 2x 300 kW Säulen geben. Nur wenige Minuten habe ich dort geladen, eigentlich wäre das nicht notwendig gewesen, denn auch mit 20 oder 30 % SOC wäre ich am nächsten Morgen in Chania problemlos zu einer der mehreren vorhandenen Schnell-Ladesäulen gefahren.
Ab 19:00 sollte das Boarding auf die Elyros starten in Piräus, nach einem kleinen Spaziergang und einem Kaffe in unserer Lieblings-Hafenkneipe habe wir uns um 19:00 mit exakt 40% SOC an etwa dritter Stelle eingereiht. Geparkt habe wir diesmal nicht exklusiv, sondern ganz normal wurden wir ins Parkdeck eingewiesen, SOC hat hier niemand interessiert, evtl. haben die gar nicht kapiert bzw. darauf geachtet, dass wir ein BEV fahren.
Schnell-Ladestationen (DC) gibt es in Chania (5), Rethymnon (1), Heraklion (8), Agios Ioannis (1), Pissidos (2), Agios Nikolaos (1). Dazu gibt es sehr viele Ladesäulen (AC) mit 11 bzw. 22 kW, die meisten davon an der Nord und Ostküste, vereinzelt aber auch im Süden (Sfakia, Plakias, Tybakio, Mires, Ierapetra).
Wir sind jetzt eine Woche hier, die tgl. Fahrten haben wir bisher über eine normale Steckdose am Ferienhaus nachgeladen. Damit evtl. Schwach ausgelegte Verkabelung nicht übermäßig strapaziert wird, habe ich den Ladeziegel auf 6 A begrenzt. Ausflügen zB nach Paleochora oder Kali Limenes (von Vryses/Apok) sehen wir völlig gelassen entgegen.

Tom
29.July.2024, 10:16
Danke renardo,
ein schöner Reisebericht!
LG, Tom

Hanni
30.July.2024, 10:12
Hallo,
könnt ihr mir sagen was ein.BEV...ist???
Bin ich die einzige. Wo das nicht weiß! :smilie_verl_070:

LGHanni

renardo
30.July.2024, 10:42
Moin Hanni,
BEV steht für „Battery Electric Vehicle“, bei uns gerne „reine Elektroautos“ genannt.
Sicher weiß das nicht jede/r, die einen fragen nicht nach, die anderen schauen in ihrer Lieblingssuchmaschine und werden idR deutlich umfangreicher aufgeklärt. Hatte das gerade getestet ….
SGrenardo

mino
30.July.2024, 14:42
Ich dachte immer Bayrischer Eissport Verband :muah:

https://bev-eissport.de/

Die brauchen auch mal Wärme....

Im AEW (Abkürzungserfindungswesen) sind wir Weltmeister...

Hanni
30.July.2024, 16:49
Ich danke dir, für deine
Antwort, reicht mir!

Hanni :blink:

kiki
30.July.2024, 17:07
Und aus welchem Grund wird man mit dem BEV nur mit 40% SOC auf griechische Fähren gelassen?

kbergman
30.July.2024, 17:44
Vermutlich wegen des - nach einer Statistik der US-Versicherungen - ca. 60-Mal NIEDRIGEREN Brandrisikos gegenüber Fahrzeugen mit Verbrennermotor. ;-))


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niko
30.July.2024, 20:23
Deshalb sind wir Weltmeister beim Akuefi
Καλησπέρα για ολουσ

renardo
30.July.2024, 22:23
Hallo kbergmann,
Das Brandrisiko der BEV ggü Verbrennerautos ist, meine ich, nur etwa 25 mal niedriger bezogen auf 1 Milliarde gefahrene Kilometer. Allerdings ist es schwieriger, einen brennenden BEV, als einen brennenden Verbrenner zu löschen. Der Verbrenner bekommt Wasser/Löschschaum bzw. Sauerstoffentzug, das erstickt die Flammen. Das bekommt so eine Schiffsbesatzung sicher gut in den Griff.
Wenn die Batterie eines BEV kollabiert und die Zellen nach und nach explodieren, greifen die vorhandenen Löschtechniken nicht, das Fahrzeug muss komplett gekühlt werden, zB in einem wassergefüllten Container oder im Meer!
Die Logik der Griechen sagt, je weniger Zellen aktiv (also geladen) sind, desto geringer ist das Brandrisiko, bzw. desto größer der potentielle Löscherfolg. Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen und unser ADAC, der diese Regelung auch etwas infrage stellte, wird den Jungs auf dem Schiff im Ernstfall ganz sicher nicht tatkräftig beiseite stehen, wenn sie mit Löschtechnik für Verbrennerautos vor einem brennenden BEV stehen.
Es gibt jede Menge verschiedene Regelungen für BEVs auf Fähren, von “Mitfahrverbot“ bis „wellcome, Ladeoption an Bord“ ist alles vertreten, muß man einfach akzeptieren.
NGrenardo

Radler
31.July.2024, 11:36
Hallo renardo,
es freut mich das deine Fahrt reibungslos geklappt hat.

Sicher bist du nicht nur im
unters-Volk-bringen-trendiger-neuer-Abkürzungen gut,
sondern auch in der Elektrotechnik.
Aber bei der Erklärung des Batteriemanagements ist dir ein kleiner Fehler unterlaufen.
Denn es wird keinesfalls eine Zelle nach der Anderen entladen.
Alle Zellen werden gleichmäßig ge- und entladen.
Unter der Bedingung das alle Zellen intakt sind.
Es sind immer alle Zellen aktiv.
Der Grund für die 40% Regelung liegt darin, dass sich in diesem Bereich der Akku am wohlsten fühlt
und es in diesem Bereich zu weniger Ausfällen und Schäden kommt.
Sicher hast du schon davon gehört das zB. bei Handys empfohlen wird sie nicht über 80% zu laden.
100% gehen auch, na klar, aber für den Akku ist es besser wenn er nicht voll aufgeladen wird.
Nicht nur wegen der Brandgefahr, auch wegen der Lebensdauer.
Das Gleiche gilt auch für die andere Seite, die nennt man Tiefentladung.
Du wirst dich bestimmt auch schon gewundert haben, dass in den Handbüchern der E-Autos steht: wie lange sie brauchen um auf 80% zu sein.
Das hängt auch damit zusammen.
Die letzten 20% sind Stress für den Akku.

Was würde passieren wenn einzelne Zellen nicht geladen werden?
Eine Li-Ion-Zelle hat eine Nennspannung von etwa 3,7V.
Wenn der Akku mit 400 oder 800V geladen wird, dann müssen mehrere Zellen in Reihe geschaltet werden. Das sind bei 400V : 3,7V = etwa 108 Zellen.
Bei 800V das Doppelte. Das heißt: eine nicht geladene oder defekte Zelle mit hohem Innenwiderstand, verringert die Kapazität des ganzen Blocks.
Wegen der Reihenschaltung. Deshalb kann man schon von Herstellerseite keine einzelne Zelle ungeladen lassen.
Weiterhin würde das bedeuten, dass bei 40% Ladezustand auch die abgegebene Spannung nur noch 40% betragen würde.
Denn eine leere Zelle liefert keine Spannung mehr. Kannst du dir vorstellen was mit deinem 400V Auto passiert, wenn der Akku nur noch 160V liefert?

Das war jetzt eine rein persönliche Unterhaltung mit renardo.
Wen das viele technische Gedöns gestört hat den bitte ich um Entschuldigung.
Aber das musste jetzt mal sein. :sd93:

Gruß Bernd

Retsinierter
31.July.2024, 11:47
Also ich find deine Erklärung wirklich super und bedanke mich dafür. Als totaler Technik-Laie.
Ich hoffe, daß ich mich jetzt nicht in eine persönliche Unterhaltung eingemischt habe!

Tom
31.July.2024, 21:41
Danke dir, renardo!
Nochmal kurz: Für Fährschiffe in Europa spielt die schwer löschbare Lithium Batterie das Hauptproblem dar.
LG, Tom

renardo
31.July.2024, 23:06
Danke Tom, so ist es.
Gerne gebe ich Auskunft zu Apps, Anbietern, Verträgen, Strategien, Preisen. Habe mich ja im Vorfeld ausgiebig damit beschäftigt und teile mein Wissen gerne, hier im Forum oder privat.
NächtlicheGrüße, Renardo