Wer öfter in dem Areal unterwegs ist, das von Rethymno im Nordosten, Vrysses im Nordwesten, Plakias im Südosten und Chora Sfakion im Südwesten begrenzt wird,
kommt irgendwann einmal in einem kleinen Bergdorf namens Moundros an.
Aus Richtung Norden kommend, fällt dem aufmerksamen Beobachter am Ortseingang ein Wegweiser nach Nisi, einem verlassenen Bergdörfchen auf.
Wir wollten schon immer mal dahin, meistens paßte aber die Tageszeit nicht, oder wir hatten etwas anderes vor, wenn wir Moundros durchquerten.
Im Urlaub 2014 nahmen wir uns nun vor, Nisi zu (be)suchen.
Auf nach Moundros, Auto abstellen, Rucksack aufschnallen, Kappe auf, los geht's.
Ein recht gut ausgebauter Wirtschaftsweg führt hinunter ins Tal und dann kreuz und quer durch den Olivenhain.
Es zweigen einige Wege ab, Wegweiser gibt es aber nicht. Das kann ja heiter werden.
Wir queren ein Bachbett ohne Wasser, es gibt eine Furt, daneben eine Brücke neueren Datums.
Hinter der Brücke fallen uns links am Hang Gebäudereste und ein Stall auf. Ob das Nisi ist?
Eine Erkundungstour ergibt, daß das nicht das Dorf sein kann. also weitersuchen.
Ein paar hundert Meter weiter zweigt mal wieder ein Weg nach rechts ab. Ob wir vielleicht dort suchen sollten?
Links am Wegesrand ein Brunnen, wo Wasser ist, kann man leben, das Dorf kann nicht mehr weit sein.
Rechts am Wegesrand ein grün überwuchertes, relativ intaktes Gebäude, ein paar Schäfchen dösen im Schatten, na also, da sollte doch noch mehr zu finden sein.
Falsch gedacht. Außer gemauerter Terrassen am Hang, auf denen Oliven stehen, keine Spuren menschlicher Zivilisation.
Das gibt's ja gar nicht. Oliven und ein paar andere Bäume, soweit der Blick reicht und die Füße tragen.
Unsere Laune steigt mit Riesenschritten in den Keller hinunter. Abbruch, nochmal recherchieren, sonst wird das nichts.
Auf dem Rückweg fällt Anja, nachdem wir die Brücke überquert hatten, ein schmaler gepflasterter Weg ins Auge, der bergan führt.
Wieso ist uns der vorhin nicht aufgefallen? Wir steigen den Weg hinauf, erkennen nach einiger Zeit durch die Bäume ein paar Häuschen.
Hurra! Wir sind ...... WIEDER IN MOUNDROS!!! Zwei Stunden durch den Olivenhain gegrätscht und außer Spesen nichts gewesen!
Auf dem Rückweg zum Auto befindet eine Hornisse Thomas' linken Knöchel als lohnendes Terrain, einen Schuß zu setzen.
Glücklicherweise kann er das Insekt unschädlich machen, bevor die volle Ladung abgedrückt ist.
So zieht es nur für ein paar Stunden etwas im linken Bein und juckt noch ein paar Tage.
Was für ein Tag! Naja, zumindest waren wir an der frischen Luft und haben Kalorien abgebaut.
Nisi läßt uns nicht los. Der Ehrgeiz hat uns gepackt, das Dorf muß doch zu finden sein!
Jemand gibt uns den Tipp, im Olivenhain nicht den Abzweig nach rechts zu nehmen, sondern geradeaus und bergan weiterzugehen.
Ein paar Tage später brechen wir erneut nach Nisi auf, nehmen die Abkürzung über den gepflasterten Weg hinunter ins Tal,
halten uns an die Vorgabe, nicht nach rechts abzubiegen und landen wieder in der Wildnis! Wunderschöne Natur, aber kein Dorf. Das darf doch nicht wahr sein!
Kriegsrat. Wir beschließen, doch noch mal den anderen Weg zu nehmen und weiterzugehen, so lange es uns sinnvoll erscheint.
Wieder am Brunnen und dem überwucherten Häuschen vorbei, die Schafe grüßen uns schon.
Wir folgen dem Weg immer weiter, bis er steil bergan führt. Oben auf dem Hügel hat man mit Sicherheit einen ganz ordentlichen Überblick, also hinauf.
Tja, oben angekommen, steht man mitten im verlassenen Dörfchen Nisi. So einfach ist das.
Die Häuser sind schon stark verfallen, sie bieten aber malerische Ein- und Durchblicke, das am besten erhaltene Gebäude ist die Olivenmühle.
Ja, und die Kirche. Neben der Kirche das Grab der letzten Einwohnerin von Nisi, sie starb 1996 mit 78 Jahren.
VG Thomas
PS.: Das letzte Foto zeigt Moundros, vom Weg kurz vor Nisi aus gesehen.