Dann will ich mich auch mal "trauen".........
1976 – nach dem Ende der Junta Diktatur – der erste Kreta Urlaub.
2 Wochen Chersonissos – ein kleiner Bungalow im Creta Maris - Freunde waren im Vorjahr begeistert.
Nach der ersten, herrlichen Urlaubswoche mit etlichen Mietwagentouren bis nach Ierapetra und Sitia - Unwetter, Seebeben, ein Bach durchs Hotelgelände, der alles unter Wasser setzte. Nur unser kleines Heim auf Zeit nicht. Also Vorräte eingekauft, einen Brunnen gab’s vor der Haustüre, fürs Brauchwasser; wir konnten einige Tage dort ausharren.
Leider waren die Hoteldirektion und die Reiseleitung anderer Meinung.
Wir wurden mit den anderen Gästen nach Rethymno evakuiert. Ein fast neues Strandhotel auf der grünen Wiese, kilometerweit von der Stadt entfernt.
Weit und breit nix als Gegend. In direkter Umgebung keinerlei touristische Infrastruktur.
Bis wir einen halben Kilometer entfernt ein winziges Kafenion fanden und dort ein älteres Ehepaar aus der Schweiz kennen lernten. Die Beiden waren schon zum zweiten Male in dem Hotel und hatten etliche Freundschaften mit Hotelmitarbeitern geschlossen. Diese netten Menschen nahmen uns an einem der nächsten Nachmittage mit in ein kleines Dorf, zu ihrer Freundin der Hotelnäherin, nur wenige Kilometer vom Hotel entfernt.
Begrüßung und Aufnahme wie bei einer alten Freundin. Die Dame sprach sogar noch ein wenig Deutsch, aus alten, traurigen Tagen. Stolz zeigte sie uns ihr winziges Häuschen, in dem das Plumpsklo und die Dusche tief im Garten versteckt waren und die morgendliche Wäsche im Freien stattfand.
Aber – oh Wunder - es gab ein Gästezimmer, in dem im Sommer die Nichten und Neffen vom Festland ihre Familienurlaube verbrachten.
Urlaub im Dorf, die Idee faszinierte uns sofort, die Möglichkeit Kreta und seine Menschen besser kennen zu lernen.
Zwischen unserer neuen Bekannten und uns - das war wirklich Liebe auf den ersten Blick.
Da sie unverheiratet war, musste sie erst ihre ältere Schwester und ihren großen Bruder fragen, ob es in Ordnung sei, ein ausländisches Paar zu beherbergen. Nach ausgiebiger Begutachtung wurde es ihr gestattet und fortan haben wir 2x jährlich unsere Ferien bei ihr verbracht.
Gleich am Anfang unserer Bekanntschaft hatten wir natürlich vereinbart, daß wir für unseren Aufenthalt angemessen bezahlen würden, als Näherin mit einem Saisonvertrag verdiente sie nicht viel. Wir haben nie auch nur eine Drachme bezahlen dürfen, aber immer irgendwo etwas verstecken können
. In jenen Jahren waren moderne Elektrokleingeräte auf Kreta noch sehr teuer und begehrte Mitbringsel, ebenso viele andere „Luxusgüter“, wie z. B. Damenstrumpfhosen. Ich weiß nicht, WIE viele „Nylons“, Mixer, Haarföhne, Dampfbügeleisen etc. wir in unser Dorf gebracht haben.
Nach einigen Jahren reifte in uns der Entschluß, unseren Lebensmittelpunkt auf die Insel zu verlegen.
Irgendwann war im Dorf das passende, baufällige Haus gefunden und restauriert.
Irgendwann war der Umzug mit Sack und Pack erledigt.
Ich lebe immer noch hier und habe diesen Schritt, trotz mancher Rückschläge und Mühen, nie bereut.
Mir, der Fremden, wurde hier etwas unendlich Kostbares geschenkt, Akzeptanz und Freundschaft in einem kleinen kretischen Dorf.
Grüße von DER Insel und aus DEM Dorf
aleka
P.S.
Das Hotel, in das wir evakuiert wurden, war dasselbe, das für Ursula viele Jahre ihre 2. Heimat darstellte. Das Dorf, in dem ich heute noch lebe, dasselbe, das Ursula auf ihrem ersten "Fußmarsch" ins "Inselinnere" erkundete.....
Zufall oder Schicksal?
Those who cannot remember the past, are condemned to repeat it!
J. Santayana 1906