24 Trekking-Tage über 540 km des Europäischen Fernwanderweges E 4
Reisebericht von Klaus Teuchert
Teil 4
15. 04. Wolkenlos. Sonntag. Ruhetag. Ausspannen. Die Männer des Dorfes sitzen früh im Kafenio gegenüber, trinken ihren winzigen Kaffee und spielen mit ihren Perlenketten. Wir frühstücken Feta-Omelett mit Honig, dazu Nescafe mit Milch und Zucker und das wohlschmeckende Wasser bei Rita, unserer jungen Wirtin und ihrer Mutter. Zuletzt gibt’s noch einen ordentlichen Raki, zum Frühstück wohlgemerkt. Wir lecken unsere Wunden und ordnen die geschundenen Glieder, renken sie wieder ein, waschen Wäsche, schreiben Tagebuch, ruhen uns einfach aus. Später erkunden wir den Ort, laufen auf der breiten 2006 neugebauten Straße bis nach Kares zur schönen Kirche San Manouel neben der Taverne. Maria, die Chefin spricht gut deutsch, 6 Jahre war sie in Deutschland, lernte dort Hotelfachfrau. Auf einem Hügel eine alte türkische Festungsruine, im Ortsteil Kares ein Kriegsmuseum. Abendessen Bauernsalat, Souflaki, ein Schaschlykspieß, Schafsbraten, dazu Spaghetti, diese leider versalzen. Zum Glück war der Hauswein vom Feinsten. In der Kneipe sitzen nur Männer, zählen die Perlen ihrer Ketten, spielen Karten, trinken aber keinen Alkohol, nur sehr vereinzelt.
16. 04. Bewölkt. Abmarsch von Askifou, wir besuchen noch eine Käsefabrik, bewundern die blitzenden Gerätschaften, das Salztauchbecken und die wohlgefüllte Lagerkammer mit den riesigen runden Käselaiben. Auf fast autoleeren Asphaltstraßen wandern wir heute nach Asi Gonia. Nach 4 km erreichen wir den Abzweig, es geht hoch nach Asfendos, wir haben einen herrlichen Ausblick auf Imbros, deren berühmte Schlucht hier ihren oberen Anfang nimmt. Auf 1165 m Höhe kommen wir an einer Radarstation vorbei, in Serpentinen führt die Straße hinunter nach Asfendos. Im grünen Grundstück von verlassenen Wohnhäusern frühstücken wir, ein Kafenio gibt es hier nicht. Der Weiterweg nach Kallikratis ist umgeben von einer sehr schönen Felsenlandschaft. Dort im Kafenio gibt uns der Wirt sofort einen Raki aus, spendiert Walnüsse und Brot zu unseren Getränken. Auf der Asphaltstraße hoch und dann in unzähligen endlosen Serpentinen gelangen wir hinunter nach Asi Gonia. Asi Gonia ist eine Arbeiterstadt und hier gibt es keine Übernachtungsmöglichkeit. Im riesigen Kafenio am Hauptplatz spricht uns ein Kreter an und gibt uns sofort einen aus: Deutsche gut: „Heil Hitler“. Wir winken nur ab. Er ist ca. 70 und total begeistert von uns. Vom Wirt gibt es einen großen Teller Schafsfrischkäse und Weißbrot gratis. Dazu Heineken in Dosen 0,25 L. In der Stadt gibt es wie sonst selten viele Kinder und Jugendliche. Ich spreche den Vorarbeiter der Käserei nach einem Zeltplatz an. Er bietet mir an, auf dem Grundstück der Firma, auf einer kleinen vollumzäunten Wiese zu campen, die Toilette im Betrieb dürfen wir auch benutzen, so sind wir auch vor neugierigen Kindern sicher. Nachts regnet es.
9. Etappe : 30 km +710 m / -1075 m in 8,75 Std. (Pause 1 Std.)
17. 04. Bewölkt mit Sonne. Früh hört der Regen auf. Wir bekommen frische heiße Schafsmilch vom freundlichen Arbeiter der Käsefabrik, die macht satt. Gehen Kaffee trinken im großen Kafenio, waschen uns im dortigen Waschraum. In Kreta sind auch alle Wasserhähne so gebaut, dass man bequem seine Trinkflasche füllen kann. Wir wandern weiter auf der Straße bis Kato Poros, immer in einem Flusstal entlang. Unterhalb des Ortes Argiroupolis gibt es mehrere wunderschöne Tavernen, durch deren terassenförmige verwinkelte Grundstücke Wasserfälle geleitet sind, die abends angeleuchtet werden, am Anfang ein Restaurant mit einem Aquarium und Forellen. Kato Poros hat sehr schöne Häuser mit bunten Türen. Laut Wanderführer gehen wir weiter bergauf zum verlassenen Ort bis zur links liegenden alten versteckten Kirche, der Weiterweg ist leider nicht nachzuvollziehen: das blaue Schild Panagia führt zu einer weiteren Kirche, danach Sackgasse. Deshalb sind wir den richtigen E 4-Weg weiter gelaufen an den schwarzgelben Pfeilen vorbei, bergan bis links an einem Steinhaus vorrüber. Der breite schwarzgelb gekennzeichnete Weg endet an einer Schafsfarm, davor geht es gerade aus auf einem Pfad weiter, mit roten Punkten markiert, durch eine felsige Macchia-Landschaft auf und ab, durch mehrere Zäune hindurch und schließlich abwärts zu einer Staubpiste. Auf dieser rechts durch ein großes Tor in ein Grundstück und weiter vor zu einer Asphaltstraße, die links nach Velonado und weiter nach Moundros führt. Die in der Harms-Karte gezeichnete Variante rechts in der Schlucht nach Moundros haben wir nicht gefunden, es gibt zwar Trittspuren aber keine Kennzeichen, die letzte Stange steht vorn an der Straße. Es gibt hier etliche Schluchten, die auf der Harms-Karte gar nicht drauf und nachvollziehbar sind, die Gefahr des Sichverlaufens und Versteigens ist enorm. Durch den langen „richtigen“ E 4-Wegverlauf sind wir fertig auf den Knochen, 1 Std. Sucherei oben wegen der falschen Angaben im Wanderführer liegt hinter uns. Wir sind bereits 8 Stunden unterwegs. Deshalb laufen wir die Straße über Velonado, machen dort eine Bierpause, bis zum Abzweig nach Plakias, Moundros lassen wir weg, da noch der lange Weiterweg in die Schlucht zum Terrassencamp dazugekommen wäre. 300 m nach dem Abzweig hält ein schwarzer Pickup mit einem älteren kretischen Pärchen und fragt wohin. Ich zeige ihnen die Karte und frage nach der kleinen Straße, die in 300 m links in die Schlucht führen soll, er meint, es gibt keine durchgehenden Straßen dorthin, alles Macchia. Da auch die morgige Etappe von Moundros nach Angouseliana im Wanderführer nur vage und nicht richtig beschrieben ist, sowie auch die eingezeichneten Straßen in der Harms-Karte nicht stimmen, trampen wir kurzentschlossen mit den beiden mit bis Angouseliana. Dort gibt es eine schöne Zeltmöglichkeit. Kurz nach Ortsausgang führt links eine schmale Brücke zu einem Kirchlein. Links davon oberhalb eine große versteckte Zeltwiese, nicht einzusehen und mit Bachanschluss.
10. Etappe : +980 m / -775 m in 8,5 Std. (Pause 1,5 Std.) (Auto 10 km 10`)
(Suchen 1 Std.)
18. 04. Nach einer 12-stündigen Ruhephase mit nächtlichem Regen ist es früh bewölkt, später auflockernd, ab 15 Uhr wolkenlos. Wir waschen uns im kleinen Bach. Zurück in Angouseliana gibt es rechts ein altes Kafenio mit einer älteren freundlichen schwarzge-kleideten Besitzerin, die uns zum Kaffee Gebäck und Raki spendiert, von einem Foto aber nichts wissen will. Danach laufen wir statt nach Südosten nach Süden und gelangen über die Berghänge mit einer Stunde Umweg über Katsogrida nach Koxare. In weiter Ferne sehen wir unter den Wolken den höchsten Berg Kretas, den Psiloritis. Nach 30 Minuten Straße gehen wir links hinab in ein Bachtal und durchwaten den Bach. Auf einem Fahrweg weiter über Agia Pelagia und Mixorrouma auf der Fernstraße nach Spili. Wir machen ein Päuschen in einer blumengeschmückten Taverne. Ich werde von Papadakis Herakles angesprochen, hinter seinem Gästehaus unser Zelt „free“ aufzuschlagen und sogar kostenlos die Dusche und das WC im nagelneuen Bettenhaus benutzen zu dürfen. Margerita, seine Freundin verkauft an der Straße Kunstgewerbe, Teppiche und Holzschnitzereien. Sie spricht perfekt deutsch, lebte 30 Jahre in Darmstadt. Kristina, eine hübsche junge Rumänin, betreut das Haus und den Tresen. Was tut man nicht alles für sein Frauchen, damit es wieder mal warmes Wasser auf die Rippen kriegt, eigentlich wollten wir ja noch ein Stück weiter laufen und wild zelten. Für 1,50 € leiste ich mir gleich ein Amstel, setze mich in die Sonne, während Mietzi ausgiebig duscht und Wäsche wäscht, die wir zwischen den dicken Olivenbäumen aufhängen. Jetzt noch Ortsbesichtigung von Spili, dem Ort der an der Hauptstraße nach Agia Gallini im Süden am Meer liegt. Es gibt viele Zimmervermietungen, Gaststätten und Touristenläden. Im Zentrum ist alles voll mit Restaurants, ein riesiger Brunnen mit vielen wasserspeienden Löwenköpfen unter großen Bäumen beherrscht die Szene. Von hier machen wir einen kleinen Rundgang hinauf in die schönen engen steinernen Gassen zwischen alten und neuen verwinkelten Häusern. Die Verkäuferinnen sprechen meist fließend deutsch und sind echt freundlich. Als ich nach einem Einkauf meine Geldbörse in die Hosentasche mit dem Loch stecke, kommt mir nach kurzer Zeit die Verkäuferin nachgerannt und bringt sie mir zurück. Wir sitzen noch eine Weile bei Margerita / Rita, sie wünscht sich sehnlichst wieder nach Deutschland zurück, fühlt sich eigentlich als Deutsche. Gegenüber in der Taverne Maria Costas essen wir zu abend: Es gibt Stifado, Gulasch mit vielen Zwiebeln, dazu 2 x 0,5 L leckeren Weißwein aus dem Fass. Am Nachbartisch 4 ältere Österreicher, Botaniker, die am Tage seltene Blüten sammeln, es gibt hier Wiesen mit Orchideen, Tulpen..., und abends mit dicken Fachbüchern das Gesammelte auswerten, 4 Experten. Rita trinkt noch ein Glas Wein mit uns, dann muss sie Fernsehn schaun. Eine Miez läßt sich von mir in der Taverne auf meinem Schoß verwöhnen. 22 Uhr gehen wir ins Nest.
11. Etappe : +325 m / -275 m in 4,5 Std. (Pause 1,5 Std.)